Mystisches zwischen den Jahren

…über die Rauhnächte und besondere Bräuche zwischen den Feiertagen.

Die Tage und Nächte zwischen den Jahren sind eine Zeit des Wandels. Dem Volksglauben nach ist zu dieser Zeit die Schwelle zwischen dem Diesseits und dem Jenseits niedrig, die Türen zur Anderswelt stehen offen und Naturgesetze sind außer Kraft gesetzt. So sollen zu Weihnachten die Tiere im Stall nach Mitternacht über Geschehenes und Zukünftiges zu sprechen beginnen. Aber Achtung, wer ihnen lauscht, dem soll Unheil drohen. Auch andere Weissagungen sind zu dieser Zeit gefragt.

In den 12 Tagen und Nächten zwischen dem 24. Dezember und 6. Januar, die zu den traditionellen Rauhnächten zählen und auch Lostage darstellen, gibt es jahrhundertealte Rituale. In vorchristlicher Zeit glaubte man, dass in diesen dunklen Winternächten böse Geister ihr Unwesen treiben. Deshalb sollten die Dämonen und deren schlechte Energie mit Bräuchen vertrieben und damit neue, gute Energien für das neue Jahr heraufbeschworen werden. Wäsche soll in diesen Tagen keine aufgehängt, nichts gesponnen oder gewebt werden – und es aufgeräumt sein, sonst könnten sich die Spukgestalten darin verfangen.

Ein jahrtausendealter, bis heute weit verbreiteter Brauch stellt das Räuchern – oder „Rachngehen“ – dar. Mit einer Pfanne mit glühender Kohle, unterschiedlichen Kräutern (z.B. Rosmarin, Thymian, Lavendel, Salbei, Rosenblätter, Lorbeer) und Harzen (Weihrauch, Styrax) wird in Haus und Stall umher gegangen, um Mensch und Tier vor Unheil zu schützen und schlechte Energien zu vertreiben. Wichtige Rauhnächte sind 24./25. Dezember, 31. Dezember/1. Januar und die Nacht auf den Dreikönigstag (6. Januar). 

Da in unseren Berggebieten echter Weihrauch schwer zu besorgen war, griff die Bevölkerung auf die Schätze heimischer Wälder und Almgebiete zurück. Fichten-, Zirben- und Lärchenpech tragen noch heute den Spitznamen „Alpenweihrauch“. Außerdem sind hierzulande selbst gesammelte Kräutermischungen beliebt. „Schutzkräuter“ wie Baldrian, Wacholder oder Schafgarbe werden gerne auf der Alm gepflückt, getrocknet und zum Räuchern verwendet.

Je nachdem, welche Pflanze oder welches Harz auf der Kohle abglüht, entfaltet der Rauch unterschiedliche Wirkungen. Räume werden mit wohltuenden Duftstoffen angereichert. Das kann eine angenehme, gemütliche Atmosphäre schaffen. Früher glaubte man zudem, dass Räuchern Krankheitserreger reduzieren könne, weshalb man gerne nach Krankheiten Zimmer oder auch Kleidung ausgeräuchert hat. Erwiesen ist, dass die intensiven Aromastoffe bestimmter Kräuter Schädlinge vertreiben. So ist Lavendel dafür bekannt Motten abzuhalten. Steinklee, Rosmarin, Minze oder Thymian haben ähnliche Wirkungen.

Auf Mensch und Tier sollen die verglühten Kräuter vielfältig wirken. So gilt beispielsweise Beifuß als entspannend, wärmend und beruhigend, während man dem Raucharoma der Baldrianwurzel nachsagt, es würde Lust und Leidenschaft fördern. Für gute Laune sorgt der Geruch von Tannen-, Fichten- und Kiefernadeln. Holunder und Johanniskraut sollen helfen, Spannungen abzubauen.

Neben dem Räuchern ist es in vielen Gebieten Österreichs noch heute Tradition, dass mystische Wesen von Hof zu Hof gehen, Geister und Dämonen vertreiben und neues Glück und Erntesegen heraufbeschwören. Im Salzburger Pinzgau sind ab dem 21. Dezember Tresterer unterwegs. Über die Saalfeldner Tresterer und ihre besondere Tradition, die zu den Rauhnächten im Salzburger Pinzgau vollzogen wird, erfahrt ihr hier mehr.

Zudem tauchen im Ausseerland „Berigl“, in der Region um den Dachstein „Berchten“ und allgemein im Alpenraum die „Perchten“ zum Jahreswechsel auf. Die Figuren sollen an die mystische Gestalt der „Percht“, einer Art Wintergöttin, erinnern. Sie wird im Volksmund sowohl als guter und böser Geist mit entsprechend heller und dunkler Seite gesehen. Rund um Weihnachten und den Jahreswechsel kommt die Percht von den Bergen hinunter und sieht im Tal nach dem Rechten. Dabei bestraft sie manchmal, treibt ihr Unwesen, beschützt aber auch Frauen und Kinder. Zu ihren Ehren und um böse Geister zu besänftigen, ist es mancherorts noch heute üblich, eine Schüssel mit Muas oder frischer Milch vor das Haus zu stellen. 

Ein anderes Ritual ist sehr persönlich: 13 gut überlegte Wünsche werden auf identische Zettel geschrieben und gefaltet in eine Schüssel gelegt. Ab dem Weihnachtsabend wird jede Nacht ein Zettel herausgenommen und verbrannt. Damit wird der Wunsch mit der Bitte um Erfüllung an das Universum übergeben. Der letzte Zettel wird behalten: Für die Erfüllung dieses Wunsches ist jeder/jede selbst verantwortlich.