Jodelkunde

hol-la-rai-dio … hol-la-rei-di-ri – was sich schwer liest, lässt sich einfacher jodeln. Um für den nächsten Almsommer gerüstet zu sein, gehören die Stimmen geölt. Eine kleine Jodelkunde von Expertin Brigitte Schaal aus Oberösterreich hilft dabei.

Wer kann jodeln?

„Jodeln kann eigentlich jeder“, ist sich Brigitte Schaal aus Oberösterreich sicher. Sie arbeitet in der Sammlung Musik im Volksliedarchiv des Landes, hat dementsprechend viele Jodler gesammelt und einige Jodelbücher herausgegeben. Außerdem ist sie selbst leidenschaftliche Sängerin, die ihr Wissen in Kursen weitergibt.

Anmeldung zum Jodelkurs von Brigitte Schaal: HIER

Jodeln ist so aufgebaut, dass sich jede Stimme damit zurechtfinden kann. „Einfach trauen“ und „die Melodie zuerst gut ins Ohr bekommen“, meint Schaal. „Es dauert am Anfang ein bisschen, bis man frei drauflos singt.“

Was muss man dafür können?

Musiknoten lesen, strenge Rhythmen oder Taktfolgen einzuhalten und Strophen zu können, ist nicht nötig. Ein gutes Musikgehör hilft. Die Melodien sind bei Jodlern meist sehr einfach und eingängig. Dementsprechend können sie leicht nachgesungen werden.

Viele Jodler sind gut zweistimmig zu singen. Im gemischten Gesang singen Frauen meist die erste und zweite Stimme. Die hohen Männerstimmen (Tenor) übernehmen die dritte Stimme. „Dies gelingt Einsteigern wegen der Höhe oft nicht auf Anhieb. Die tiefen Männerstimmen können einen einfachen Funktionsbass dazu singen“, rät Schaal.

Jodler finden sich in den Aufzeichnungen oft zwei- und dreistimmig. Eine Bassstimme wurde in einigen heutigen Werken ergänzt.


Wie sind Jodler gestaltet?

Jodler sind grundsätzlich frei im Rhythmus und im Allgemeinen sehr getragen und werden langgezogen und breit gesungen. „Es geht nicht darum, sich in ein Taktgefüge hineinpressen zu lassen. Manche Töne brauchen länger zum Aushalten bzw. Draufsitzen, anderes soll flotter weitergehen“, sagt Jodelexpertin Schaal.

Mit hellen Vokalen wie „i“ oder „e“ tue man sich leichter bei hohen Tönen, tiefe Klangfarben funktionieren besser mit „a“ oder „u“. 

Lautfolgen, wiederkehrende Silben, die abwechselnd aus Vokalen und Konsonanten bestehen, Intervallsprünge und Wechsel zwischen Brust- und Kopfstimme sind typisch.

Was macht Jodeln besonders?

Ein bewusstes Stilmittel ist laut Schaal der Stimmregisterwechsel zwischen Brust- und Kopfstimme. „Diesen Wechsel, wenn die Stimme kippt, darf man beim Jodeln hören.“

Welche Arten gibt es?

Die ursprünglichen Almrufe waren einstimmig. Sie dienten dazu, dass sich Sennerinnen und Sennen und Hirtinnen und Hirten über weite Distanzen verständigen konnten.

Im Laufe der Zeit wurde die lebensnotwendige Kommunikation in der Volksmusik weiterentwickelt. Mehrere Stimmen, oft eine zweite oder dritte, die beim Zusammensingen der Sennerinnen entstanden, kamen hinzu. „Viele Jodler sind nur zweistimmig überliefert“, berichtet Schaal.

Die Jodelexpertin unterscheidet so genannte „Miteinand“-, „Nacheinand“- und „Gegeneinand“-Jodler. Wie der Name andeutet, gehen beim „Miteinand“-Jodler die Stimmen parallel, eine zweite und dritte Stimme lässt sich leicht dazu singen.

Der „Nacheinand“-Jodler wird auch als Echojodler bezeichnet und funktioniert ähnlich wie ein Kanon, doch hört man gemeinsam auf.

Der „Gegeneinand“- oder auch „Füreinand“-Jodler ist besonders komplex, weil sich die Stimmen kreuzen. „Jeder hat eine Melodie, die meist aus Dreiklängen besteht. Das kreuzt sich, von oben nach unten oder von unten nach oben, und ein dritter singt nochmal dagegen oder parallel zu einer anderen Stimme.“

Gibt es regionale Unterschiede?

Für Schaal unterscheiden sich die Jodler der verschiedenen Alpenregionen marginal. „Zwischen den Jodlern in Tirol, dem Salzkammergut und anderen Teilen Oberösterreichs sehe ich wenig Unterschiede.“ Viele Jodler hätten große Sprünge und Tonumfänge. Es gäbe aber auch Jodler im Bayrischen Wald oder Niederbayern – „da wo die Landschaft flacher ist“ – mit weniger großen Sprüngen.

Einen Unterschied erkennt Schaal bei der Atemtechnik während des Jodelns: „In Bayern wird oft so gesungen, dass dazwischen gemeinsam geatmet wird, um dann gemeinsam wieder einzusetzen. In der Obersteiermark, Salzburg und Oberösterreich ist das nicht so. Hier wird abwechselnd geatmet, damit die Melodie immer weiter geht.“