„An Fried‘, an Gsund‘ und an Reim“

die Saalfeldner Tresterer ziehen im Salzburger Pinzgau in den Rauhnächten von Haus zu Haus.

Die Wochen und Tage rund um Weihnachten sind eine ganz besondere Zeit. Denn wenn die Tage kürzer, die Nächte kälter und dunkler werden, beginnt auch die Zeit der Mythen und Geheimnisse. Und so begegnet man in dieser Zeit vielerorts Krampussen, Perchten und vielen anderen schaurigen Gestalten. In Saalfelden trifft man seit einigen Jahren auch wieder die Tresterer, die sich im Jahr 2015 wiedergegründet haben. Sie sind faszinierend anzusehen und wollen mit ihrem Tanz Glück und Segen bringen. Petra Fürstauer-Reiter von der Almwirtschaftsberatung Invekos der Landwirtschaftskammer Salzburg kennt den besonderen Brauch.

Der Brauch des Tresterns im Pinzgau

Der Pinzgauer Tresterer-Tanz ist etwas Einzigartiges das sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt hat. Vieles aus der Entstehungsgeschichte ist umstritten, vor allem die Herkunft des Tanzes, der damals wie heute nur im Pinzgau aufgeführt wird. Erste Aufzeichnungen stammen aus dem Jahr 1940 von Ilka Peter. Ohne ihre akribischen Recherchen wäre es den wenigen Tresterergruppen im Pinzgau heute unmöglich diesen Brauch auszuführen, da er in den Wirren der Kriegszeit völlig verloren ging. Bis dahin wurde er in vielen Pinzgauer Dörfern ausgeübt. Der Ursprung liegt im Austreten des Getreides mit den Füßen. Aus dieser harten monotonen Arbeit ist der rhythmische Stampftanz des Tresterns entstanden.

Damals wie heute sind die Bauern und Bäuerinnen auf fruchtbaren Boden und eine ertragreiche Ernte angewiesen. Kommt nun etwas Aberglaube und Bezug zum Mystischen hinzu, liegt es auf der Hand, warum die Tresterer mitsamt ihrer Gefolgschaft an den Bauernhöfen so willkommen sind. Sie bringen reichen Erntesegen, Fruchtbarkeit, Glück und Gesundheit. Die Begleitfiguren der Tänzer sollen Unheil und Naturkatastrophen abwehren und das Vieh schützen. Zudem sollen böse Geister und Dämonen vom Hof vertrieben werden.

Der Lauf der Tresterer

Die Saalfeldener Tresterer sind ausschließlich in den Rauhnächten ab dem 21. Dezember (der Thomasnacht) unterwegs. Allerdings gibt es in Saalfelden eine schon traditionelle Ausnahme. Ein öffentlicher Auftritt im Museum Schloss Ritzen zieht jährlich am Marienfeiertag eine Vielzahl an Besuchern an, um den Tanz der Testerer zu bewundern. Danach, wenn es in den Rauhnächten dämmert, allmählich die Nacht hereinbricht, dann macht sich die Tresterer-Pass mit viel Lärm und Getöse auf ihren Weg zu den Höfen.

Als Erstes stürmen die „Schiachen“ und ihre Begleiter in die Bauernstube und sorgen für reichlich Unruhe, Lärm und Schrecken. Danach folgt der „Honswurscht“ mit seiner Lederwurst der dann mit dem Kreuzzeichen, welches für die vier Himmelsrichtungen steht, den Tanz „einschlägt“. Es soll ausreichend Platz für die Tresterer schaffen. Und alle lauschen gespannt dem „Honswurscht-Gsatzl“:

„Grias enk Gott, liawe Leit, liawe Bauern und Gäst von nachn und weit! Gebs jetz a Ruah und passts guad auf, de Tresterer vo Soifen mochn heit ean Lauf! Doa duads vom Droad austretn her kemma und soid enk Glück und Segen bringa! Mitgnumma hob i neben de Scheeperchten an Kropfnschnoppa, Lopp un Lappin, Hennapercht und Howagoaß, owa a de Schiachperchtn, an Bärn, an Oasiedler und a poar Musikantenhob i mitgnumma auf insara Roas! I ois Honswurst muaß jetz zerscht a Kreiz eischlong,donn kennan de Tresterer ean Tonz vortrong! Zum Schluß legt de Hennapercht no a Oa, soid enk Fruchtborkeit bringa im neichn Joahr!Und so wünscht eich de Tresterer Pass von Soifen fürs kemmande Joahr, owa a für eia weiteres Leibn,an Fried, an G´sund und an Reim!“

Der Vortresterer, „hobelt“, das ist ein spezieller Schleifschritt, zum Auftakt über den Holzboden und die Tresterer nehmen Aufstellung für ihren uralten, mystischen Stampftanz, begleitet von den Musikant:innen. Schleicher, Hacker, Plattler, Stampfer und andere Schritte und Sprünge folgen. Alles synchron zu den Tönen der Klarinetten. Anschließend ertönt ein „Trischlag“ ohne musikalische Begleitung, das signalisiert den Schlusspunkt. Nachdem so der Boden „geweckt“ wurde und dem Hof ein fruchtbares Jahr bevorsteht, geleitet der Hanswurst die Tresterer wieder aus dem Raum. Der Einsiedler verteilt seinen Segen und die „Hennapercht“ hat ihren Auftritt. Zur Belustigung aller legt sie zum Abschluss ein Ei, als Sinnbild für das neue Leben das im Frühjahr entsteht. 

Ein besonderer Blickfang bei den Tresterern ist die „Gainzl“: die Hahnen- oder Tresterer-Krone. Sie ist mit weißen Hahnenfedern, Spiegeln und Klosterarbeiten geschmückt und ist von besonderem Wert für jeden Tresterer. Sie wird von Hand gefertigt und von den Tänzern unter großem Zeitaufwand individuell gestaltet. Mehr als 50 weißen Federn stehen für Stärke und Mut. Lange, bunte Bänder verschleiern das Gesicht der Perchten und verleihen ihnen etwas Mystisches. Die Farbe Rot steht für die Abwehr von Unheil, Weiß für die Reinheit, Gelb ist die Farbe der Schönheit und Grün steht für Fruchtbarkeit. In den Spiegeln sollen sich Geister und Dämonen selbst erblicken und sich derart erschrecken, dass sie das Weite suchen. 

Bevor der Perchtenzug nach seinem Tanz wieder nach Draußen in der Dunkelheit verschwindet, gibt es noch eine großzügige Bewirtung durch die Bauersleut´. Gerade in der heutigen Zeit, in der Friede, Gesundheit und Glück so wichtig sind, freut sich jede Saalfeldner Bauernfamilie, wenn sie Besuch von den Tresterern bekommt.

Die Geschichte rund um die Rauhnächte könnt ihr hier nachlesen. Hier erfahrt ihr mehr über das Räuchern.

Bildrechte: Michael Geißler