Der Traum vom Leben auf der Rettenfeldalm im Pinzgau | Salzburg

…vor 30 Jahren revitalisiert, weiden auf der Rettenfeldalpe (Rettenfeldalm) am Hochkönig im Salzburger Pinzgau nun wieder 150 Ziegen, Mutterkühe und Jungrinder.

Es war knapp vor Weihnachten 1992 als Michael Dum, Bauer vom Mattaugut in Goldegg im Salzburger Pongau entschied, sich und seiner Familie in diesem Jahr ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk zu machen. Er entschloss sich, die zum Verkauf stehende Rettenfeldalpe (oder Rettenfeldalm) auf 1.545 Metern Seehöhe oberhalb von Dienten am Hochkönig zu erwerben. Eine Entscheidung, die das Leben der gesamten Familie veränderte, denn schon bald darauf verlagerte sich der Lebensmittelpunkt in den Sommermonaten auf die wunderschön gelegene Alm hoch über Dienten mit Blick auf den mächtigen Hochkönig. Die Alm und auch die mit ihr verbundene Infrastruktur waren beim Kauf im Jahr 1992 in keinem guten Zustand. Es fehlte die zur Bewirtschaftung dringend notwendige Almhütte und auch für die Tiere gab es nur einen provisorischen Unterstand. Darüber hinaus war die Alm noch nicht durch einen Weg erschlossen. Der Text stammt von Petra Fürstauer-Reiter von der Almwirtschaftsberatung Invekos der Landwirtschaftskammer Salzburg.

(c) Petra Fürstauer-Reiter

Freiheit in Mitten der wunderschönen Bergwelt
Von einer eigenen Alm hatte Michael Dum immer schon geträumt. Betriebsumstrukturierungen innerhalb der Firma Veitscher Magnesitwerke AG, die zum damaligen Zeitpunkt Grundeigentümer der Rettenfeldalpe war, ließen den Wunsch schließlich in Erfüllung gehen und Michael Dum entschied sich seinen Landwirtschaftsbetrieb durch den Zukauf der Alm zu erweitern.

„Die Kaufentscheidung veränderte mein Leben!“, sagt Michael Dum. Ein Grund dafür waren die vielen Stunden und Tage, die er ab diesem Zeitpunkt auf seiner Alm verbrachte. Sie musste auf Vordermann gebracht werden, und zwar so, wie sich Dum eine gut funktionierende Alm vorgestellt hat. Und so wurde die Rettenfeldalm ab dem Jahr 1993 zu seinem zweiten Zuhause.

(c) Petra Fürstauer-Reiter

„Auf der Alm gibt’s koa Sünd‘“ – heißt ein Spruch, aber es gibt viel Arbeit
Bereits 1995 verwirklichte die Familie eine kleine Almhütte, um die Möglichkeit zu haben, auf der Alm zu übernachten und nicht den weiten Weg zurück nach Goldegg nehmen zu müssen. Gleich darauf wurde mit dem Zufahrtsweg ein weiterer Eckpfeiler geschaffen:  Er hat die Bewirtschaftung erleichtert und ermöglicht, dass die Alm Schritt für Schritt verbessert werden konnte. Und so wurde 1999 der Wegebau nach zweijähriger Bauphase fertig gestellt. Auch eine zweite, größere Almhütte mit eigenem Kraftwerk wurde realisiert, sowie der Unterstand für die Tiere erweitert und saniert. „Viele Stunden harter Arbeit haben wir investiert und viel in Eigenregie errichtet“, erinnert sich Michael Dum an diese Zeit „aber wir sind stolz darauf, was wir uns hier geschaffen haben.“

Die Alm wird mittlerweile mit Mutterkühen, Jungrindern und Ziegen bestoßen. Besonderes Augenmerk wird daraufgelegt, dass ausreichend Vieh auf die Alm aufgetrieben wird. Zusätzlich werden laufend Schwendarbeiten durchführt, um die Almflächen frei von Büschen und Sträuchern zu halten. Und so ist Dums Almsommer gefüllt mit viel harter Arbeit. „Sobald es im Frühjahr aper wird, ist die ganze Familie auf der Alm oben und bereitet alles für den Almsommer vor“, erzählt der Almbauer.

Erfolgreiche Almwirtschaft erfordert viel Gespür
Wichtig ist dem Almbauern, dass der typische Charakter einer Almfläche erhalten bleibt: Dazu gehören kleine Baumgruppen, die den Weidetieren als Schattenspender oder Zufluchtsorte dienen. So erinnert sich Dum noch ganz genau an das Jahr 2007. In der Nacht zum 7. September war plötzlich ein Meter Schnee gefallen. Für solche Wintereinbrüche ist es besonders wichtig, dass Zufluchtsorte in der freien Natur, aber auch Viehunterstände und Stallungen vorhanden sind.

Dum beobachtet die Auswirkungen des Klimawandels sehr genau. Die Jahre, in denen in den Sommermonaten auf der Rettenfeldalm Schnee fällt, sind weniger geworden. Nun plagen die Tiere eher Hitze und Temperaturanstiege in höheren Regionen. Eine gute Wasserversorgung auf der Alm ist daher besonders wichtig geworden.

Drei Koppeln gegen Verbuschung und für abwechslungsreiches Futter
Die Almfläche wird während des Sommers in drei Koppeln in verschiedenen Höhenlagen unterteilt: einerseits um auf natürlichem Weg dem Verbuschen entgegenzuwirken, und andererseits um den Tieren stets ein hochwertiges Futter zur Verfügung stellen zu können. Erst gegen Ende des Almsommers bewegen sich die Tiere dann frei auf der gesamten Alm.

Bereits am frühen Morgen beginnt für Almbäuerin und Almbauer die Arbeit auf der Alm. Neben der Nachschau und der Versorgung der Tiere ist das Graben-Ziehen und Ausputzen von Gräben und Wasserläufen eine besonders wichtige Tätigkeit auf der Alm. Bei Starkregen und Gewittern vermeidet man so kleinräumige Überflutungen. Danach geht es mit Schwendarbeiten weiter, um Büsche und Sträucher zurückzuschneiden. Und so konnte im Laufe der Jahre die Futterfläche der Rettenfeldalpe stetig verbessert werden. Kleinere Flächen wurden gerodet und als Weidefläche umgewandelt, dabei ist sehr nachhaltig, sensibel und mit einem besonderen Blick auf die Natur vorgegangen worden.

Almschwenden mit Ziegen
Beim Schwenden der Schwarzerlen achtet Dum etwa auf die Schwendtage laut Kalender. „Die Beweidung von Almflächen mit Ziegen ist ebenfalls eine gute Methode, um zielgerecht zu schwenden“, ist er sich sicher. Das konnte er in den letzten Jahren beobachten. Die Tiere fressen die jungen Triebe der Erlen und bevorzugen diese gegenüber dem Gras. Früher, erinnert sich Dum, hatte jeder Almbauer ein paar Ziegen auf der Alm, das half die Flächen frei zu halten! Auf der Rettenfeldalm weideten im Almsommer 2022 150 Ziegen. Beim Besuch auf der Alm kann man sie gut beobachten, denn sie ziehen als Herde unterhalb des so genannten Klingspitz, einem beliebten Wanderziel in Dienten, umher.

Ein ganz wichtiger Aspekt beim Erhalt der Alm ist der frühe Auftrieb. Beim ersten Auftrieb im Jahr 1993 ist die Familie anfangs oder Mitte Juni auf die Alm gefahren. Das war zu dieser Zeit bereits ein sehr früher Auftrieb. Nun zieht Dum jedoch schon in der zweiten Maihälfte mit den ersten Tieren auf die Alm, auf der er dann den ganzen Sommer bleibt.

(c) Petra Fürstauer-Reiter

Bürokratie rund um die Almflächen stimmt nachdenklich
Voller Stolz zeigt Michael Dum seine Alm und seine wunderschöne Weidefläche. Auch zum Thema Almfutterfläche könnte er eine Geschichte erzählen. Wurden ihm zunächst Futterflächen aberkannt, konnte er mit seinem Bemühen und einer zweiten Nachschau vor Ort erreichen, dass ihm in fast allen Einspruchspunkten Recht gegeben wurde. Mittlerweile ist so einiges Almgras darüber gewachsen.

Besitzerin der Alm ist nun Dums Tochter Katharina Naglmayr. Die Trachtenschneidermeisterin hat die Liebe zur Alm von ihrem Vater übernommen. Gemeinsam mit ihm ist sie in den Sommermonaten auf der Alm unterwegs, um beim Schwenden mitzuhelfen. Die kleinere Almhütte wird samt einer Saunahütte sommers wie winters mittlerweile an Gäste vermietet. Die Almidylle ist hier heroben zu schön, um sie nicht zu teilen.

Ohne seine geliebte Alm könnte Michael Dum nicht sein. Das Leben dort ist zwar oftmals beschwerlich, mit viel Arbeit verbunden und kostet viel Kraft. Er ist aber auch überzeugt, dass ihm die Bewegung und die gute Bergluft jung halten und seine Gesundheit stärken – und so kann er noch viele Jahre den Sommer gemeinsam mit dem Vieh auf der Rettenfeldalm am Hochkönig verbringen.

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