Alpe Hutla im Großen Walsertal | Vorarlberg

Die Alpe Hutla und die Betreiberfamilie Rinderer haben schon viel erlebt. Ein Brand 2019 – nur fünf Tage vor Almauftrieb – hat die 100 Jahre alten Gebäude zerstört. In den letzten zwei Jahren sind sie wieder aufgebaut worden. Wo einst die Hütten standen, finden sich jetzt ein moderner Laufstall, Wirtschafts- und Wohngebäude sowie die Sennerei. Erst am 7. August 2022 wurde die neue Alpe mit einem Berggottesdienst offiziell wiedereröffnet. Aber der Reihe nach.

Die Alpe Hutla liegt idyllisch in einer weiten, grünen Talsohle in Sonntag-Buchboden im Großen Walsertal auf 1281 Metern Seehöhe. Ihre Weideflächen reichen bis auf 1800 Metern Seehöhe. Dort befindet sich auch die Obere Hutla, inmitten des Lechquellengebirges, umrahmt von Roter Wand (2704m), Glattmar (1930m) und Misthaufen (2436m).

Von Anfang Juni bis Anfang September wird die Hutla, wie die Alm liebevoll genannt wird, von Lothar Rinderer und seiner Frau Petra mit tatkräftiger Hilfe von Sohn Dominik betrieben. Sie ist im Besitz der Agrargemeinschaft Schnifis. Rund 50 Kühe, 70 Stück Jungvieh, Schweine und ein paar Hühner verbringen den Sommer auf der Alpe, wie es in Vorarlberg heißt.

Dort werden vor allem Bergkäse und Rahmbutter hergestellt. So hat Familie Rinderer im Almsommer 2022 insgesamt ca. 70.000 Liter Milch zu ca. sieben Tonnen Käse und 700 bis 800 Kilogramm Butter verarbeitet. „Es war heuer ein guter Sommer, mit genügend frischem Gras und Wasser“, berichtet Senner Lothar Rinderer, der im Frühling und Herbst noch als Spengler und im Winter als Skilehrer in Damüls arbeitet.

Selbsthergestellter Bergkäse

Schon als Kind auf der Alpe

Seine Familie betreibt die Alpe schon 44 Sommer lang. Bereits als Kind sei er hier oben gewesen. Die Hutla kennt er also in- und auswendig. Seit 27 Jahren kümmert sich Rinderer mit seiner Frau Petra um Vieh, Milch und Alpe. Die Sennerin und Floristin ist – neben den vielen schweißtreibenden Almarbeiten – auch dafür verantwortlich, dass die Alpe im Tal für ihren Blumenschmuck bekannt ist. Sie lässt rund um die Hutla viele bunte Blumen, Kräuter und Pflanzen wachsen. Inmitten dieser Almkulisse sind die drei Söhne der Rinderers aufgewachsen. Der Zweitälteste, Dominik, führt die Familientradition mittlerweile mit viel Herzblut weiter.

Es verwundert also nicht, dass das Feuer, fünf Tage vor dem Almauftrieb 2019, alle emotional getroffen hat. Damals sind zwei von drei Gebäuden – der alte Stall und das Wirtschaftsgebäude –, die aus den 1920er Jahren stammten, völlig niedergebrannt. Tiere oder Menschen kamen keine zu Schaden. „Der untere Teil der Wohnhütte blieb stehen und die Sennerei war teilweise noch intakt“, erzählt Rinderer.

Lothar und Petra Rinderer

Zwischenlösung Container

Trotz des großen Brandes, die Zeit auf der Alpe hatte die Familie nie abgeschrieben. Aufgeben kommt und kam für die Rinderers nicht in Frage. Kurzerhand wurden Container als Zwischenlösung auf die Hutla gekarrt. Die Familie wohnte zwei Sommer lang darin. Uriges Hüttengefühl wollte sich freilich keines einstellen. Doch Lothar, seine Frau und sein Sohn arrangierten sich schnell mit den Bedingungen.

Zwischen dem ersten Melken um fünf Uhr morgens über das Käsen am Vormittag bis zum Eintreiben und erneuten Melken um 19 Uhr abends bleibt auch kaum Zeit für Resignation. „Die Hoffnung, dass etwas Neues gebaut wird“, sei ständiger Begleiter gewesen. So konnten die Rinderers die Zeit gut überbrücken.

Wiederaufbau 2020

Wiederaufbau im Herbst 2020

Im Herbst 2020 wurde dann mit dem Wiederaufbau begonnen. Die Agrargemeinschaft Schnifis hat dafür rund eine Million Euro bereitgestellt. In fünf bis zehn Jahren soll sich die Alpe selbst tragen. Auf den unversehrten unteren Teil der Wohnhütte wurde ein neues Stockwerk daraufgesetzt.

Damit ist ein Teil der alten Hüttenstruktur erhalten geblieben, das alte verwitterte Holz zeugt davon. Gepaart mit dem modernen Dach und den anliegenden Gebäuden ergibt sich eine spannende Mischung aus Neu und Alt. 2021 konnte Familie Rinderer die Container endgültig hinter sich lassen und in die neue Alpe einziehen.

Der Stall blieb bis Mitte 2021 ein Provisorium. Seit Fertigstellung kann er aber mit einer Besonderheit aufwarten. „Er ist ein Laufstall. Das Tierwohl steht im Vordergrund, keine Kuh wird angebunden. Es wurde ein Stall, wo sich Vieh und Mensch wohlfühlen“, erklärt Rinderer – und den Stolz hört man aus seinen Worten. Zum Arbeiten und Melken – es gibt einen eigenen Melkstand – sei es jetzt auch einfacher. „Es funktioniert super, die Kühe fühlen sich wohl.“ An das Strom- und Wassernetz ist die Alpe nun auch angeschlossen.

Rinderer und sein Sohn, die im Frühling und Herbst als Spengler im Tal arbeiten, haben die Hüttendächer sogar selbst montiert. Viel Schweiß, Engagement und Leidenschaft stecken in der Alpe. Derart verbunden ist es kein Wunder, dass sich Lothar, Dominik und Petra schon auf die nächsten Almsommer auf der neuen Hutla freuen.

Platz und Zeit für Gästebewirtung gibt es derzeit nicht. Neugierige Wanderer werden die Alpe jedoch nicht hungrig verlassen, bei Gelegenheit wird der Bergkäse verköstigt. Über Buchboden und eine Mautstraße gelangt man den klaren Hutla-Bach entlang zur Alpe. Von dort kann man auch in einer Stunde die Klesenza Alpe, ein uriges Almdorf auf 1.589 Metern Seehöhe mit sechs Hütten, einer Sennhütte und einer Kapelle, erreichen.

neue Hütten

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