Sagen aus Brixlegg

Der habgierige Steiger

In alter Zeit, als um Schwaz und Brixlegg noch Bergbau betrieben wurde, arbeitete dort ein böser Obersteiger namens Schmuck.

Dieser Steiger war ein übler Schinder und Geizhals, der die armen Knappen unablässig antrieb und ausbeutete. So musste jeder Bergmann nach Feierabend noch eine weitere Truhe Erz heraufholen, die in Schmucks Privatbesitz verschwand. Wer etwas dagegen zu sagen wagte, wurde sofort aus dem Dienst entlassen.

Eines Tages starb einer der Knappen. Er war ein überaus tüchtiger Bergmann gewesen, aber Schmuck hatte ihn dennoch stets bis aufs Blut gequält. Der sterbende Knappe musste seine Frau und seine Kinder verarmt und unversorgt zurücklassen.

Bevor er für immer die Augen schloss, stöhnte der Mann: „Sei auf ewig verflucht, Steiger Schmuck, du elender Schinder! Unser Herrgott selber wird dich zur Rechenschaft ziehen!“

Bald darauf wurde auch der Obersteiger Schmuck plötzlich krank und starb. Sein Leichnam verfärbte sich sofort über und über schwarz, sodass man ihn in aller Eile begraben musste. Doch kein Mensch weinte dem üblen Geizhals eine Träne nach und niemand sprach an seinem hastig ausgehobenen Grab ein Gebet oder auch nur ein gutes Wort.
Nicht lange danach sah man den bösen Steiger als Geist umherwandeln. Besonders oft zeigte er sich auf den Wegen zwischen Brixlegg und Schwaz und oben auf dem Stanser Joch. Dort brauste und heulte Schmuck wie ein wilder Klammputz und warf den Leuten große Steinbrocken nach.

Schließlich bat man den Fiechter Prälaten um Hilfe, der den bösen Geist in die Laliderer Wände im Karwendel verbannte, von wo er aber weiter truhenweise Steine herabschüttete.

Vor einigen Jahren saßen auf der Lalidereralm ein paar Hirten beisammen, als einer vom Gespenst des Steigers erzählte. Die anderen wollten ihm nicht so recht glauben und schrien übermütig gegen die steil aufragende Laliderer Wand:

„Schmuck, Schmuck – tua an Ruck!
Schmuck, Schmuck – no a Trüchal!“

Im selben Moment erhob sich ein schreckliches Gepolter und eine solche Unmenge Gestein prasselte herab, dass die erschrockenen Hirten beinahe erschlagen wurden.

Bis heute vermeiden es die Almleute auf der Lalidereralm zu schreien, zu schießen oder auch nur zu jodeln – und niemand getraut sich mehr, den Spottvers „Schmuck, Schmuck – no a Trüchal!“ gegen die Laliderer Wände hin zu rufen.

Quelle: Tiroler Sagen, (Weninger 2018: 133f.)

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