Auf der Reicheralm im Pinzgau lohnt sich der zeitige Auftrieb | Salzburg

…auf der Reicheralm in Dienten am Hochkönig im Salzburger Pinzgau wird eines deutlich: ein früher Almauftrieb und eine geführte Koppelhaltung helfen Alm, Vieh und Natur. Unser Almfuchs hat Almmeister Bernhard Kendlbacher mit der Kamera besucht.

Die Reicheralm in Dienten am Hochkönig im Salzburger Pinzgau auf zwischen 1450 und knapp 2000 Metern Seehöhe gelegen ist eine typische Mischalm. Neben ca. 20 Milchkühen verbringen noch etwa 100 Stück Jungvieh und 15 Schafe ihren Almsommer hier. Bernhard Kendlbacher vom Reicherhof in Taxenbach ist der Besitzer. Ihn hat unser Almfuchs bei der Almauffahrt Ende Mai getroffen und interviewt.

Zusammen mit Petra Fürstauer-Reiter von der Bezirksbauernkammer Maishofen und Almwirtschaftsberatung INVEKOS der LK Salzburg bin ich hier heroben und warte auf Bernhard, der mit zwei Pinzgauer Lehnkühen- (Kühe von anderen Besitzern, die hier ihren Almsommer verbringen) und einer Kalbin im Viehanhänger hinter uns sich die lange und kurvige Almstraße herauf plagt.

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Alpen-Ampfer durch frühe Beweidung zurückgegangen
Die Reicheralm ist eine von Petras Projektalmen, wo die Auswirkungen eines frühen Almauftriebs und konsequent durchgeführten Koppelumtriebs beobachtet werden sollen. Erste Erfolge sieht Petras fachkundiges Auge sofort. Der ungewünschte massenhafte Bewuchs mit Alpen-Ampfer an manchen Stellen, typisch auf vielen Almen, sei merklich zurückgegangen. Diese Zeigerpflanze für lokale Überdüngung, im Volksmund auch „Foissn“ genannt, breitet sich gerne auf so genannten Lägerfluren in der Umgebung von Almhütten, Ställen, Viehunterständen und überall dort aus, wo Weidevieh im Zuge der Almwirtschaft oft und lange seinen Einstand findet. Sie weist oft derart dichte Bestände auf, dass andere Pflanzen kaum aufkommen können. Kühe meiden sie normalerwiese völlig, weshalb sie nicht gerne gesehen wird. Jetzt aber beobachte ich eine Kuh, die ich aus ihrem „Ampferbett“ aufgestöbert habe mit meiner zudringlichen Handykamera, wie sie die noch jungen Ampferblätter zumindest anknabbert.

Früher auftreiben
Hier liegen noch andere Kameradinnen von ihr in der Frühlingssonne vor den steilen Hängen unterhalb der Klingspitze. In den Gräben liegt stellenweise noch Schnee und ich denke laut, „ja, das ist früh im Jahr, um hier aufzufahren.“ Petra aber meint, „eben gerade richtig. Da müssen wir alle ein bisschen umdenken. Die überlieferten Auftriebsdaten sind angesichts der Erwärmung in den Alpen nicht mehr zeitgemäß. Das wollen wir unseren Almbetreibern vermitteln.“

Einer, bei dem diese Botschaft angekommen ist, ist Bernhard Kendlbacher. Und auch er ist mittlerweile angekommen mit seiner Fracht. Die Auffahrt auf die Reicheralm zieht sich über mehrere Tage, wie er mir sagt, die Frächter sind in diesen Tagen vielbeschäftigt, die Kuhtaxis ausgebucht. Nachdem er seine kostbare Fracht entladen hat, die Kalbin zum Jungvieh und die beiden Pinzgauer Lehnkühe zu ihresgleichen begleitet hat, steht er mir Rede und Antwort.

Auch er sei freudig angespannt zu Beginn der Almsaison, auch er hoffe, dass Bär und Wolf nicht gerade bei ihm zu Besuch kommen. Und wenn etwas passieren sollte, dann sei es ihm lieber, es treffe das eigene Vieh. Als langjährigem Almhirten, dem auch schon das eine oder andere Stück Vieh verunglückt, oder auch einmal krank geworden ist, kann ich das gut verstehen. Almen sind sehr traditionsbewusst und die „Tradition“, dass immer jemand „Schuld“ sein muss, dass einer/eine zu wenig getan habe, um ein Unglück zu vermeiden, hält sich leider hartnäckig. Und dieser „jemand“ ist auf der Alm nun Mal der Hirt, die Hirtin, der Halter, die Halterin, der oder die vor Ort Verantwortliche.

Ausreichend Aufwuchs vorhanden
Jetzt einmal sei er dafür verantwortlich, dass der reguläre Almbetrieb starten kann. Zäune machen, Wasserleitungen und Maschinen in Stand setzen, die Almhütte herrichten auch für einen bescheidenen Ausschank. Das stand in den letzten Tagen und Wochen an. Jetzt kann die Saison also beginnen. Sie beginnt gut, bei idealem Wetter und ausreichend Aufwuchs.

Angesprochen auf seinen Ausschank, meint Bernhard, er und seine Familie machen halt, was zeitlich gerade möglich sei – neben der Almarbeit. Zu trinken bekomme jeder und jede natürlich jederzeit. Leid tue es ihm manchmal, wenn Gäste auch hier heroben von einem Ziel zum anderen hetzen und damit auch ihn bzw. seine Frau stressen, weil das Essen ein bisschen auf sich warten lasse. Er empfiehlt allen Alm-Besuchern, sich doch an der Ruhe hier heroben zu erfreuen und die Hektik unten im Tal zu lassen.

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