Abfall mitnehmen tut nicht weh

…Der Salzburger Verein „Es tut nicht weh“ will mit Drecksackerl, Mistzangerl und Tschickdoserl dazu animieren Müll vom Berg und von unseren Almen mit ins Tal zunehmen. Denn noch so kleine Abfälle können in der Natur zu großen Problemen führen.

Ein Zigarettenstummel hier, ein weiterer da, noch einer ein paar Meter weiter, daneben hinterm Baum Papiertaschentücher und beim Bankerl Dosen, Alu- und Plastikfolien. Das ist traurige Realität auf unseren Bergen und rund um unsere Almen. Es häuft sich allerhand an, wenn man so will.

„Ich würde schon sagen, dass es ein großes Problem ist. Rund um Almen, vor allem auf solchen die bewirtschaftet sind, ist allein um die Hütten sehr viel Müll zu finden. Auch bei Stadl, die als Jausen- oder Rastplatz genützt werden, findest du rund herum viel Müll.“ Das sagt Renate Steinacher vom Salzburger Verein #estutnichtweh. Die Bergwanderführerin und Unternehmensberaterin aus Scheffau im Tennengebirge findet, ein volles „Drecksackerl“ wieder mitzunehmen, tut niemanden weh. Darum hat sie den gemeinnützigen Verein 2018 gegründet, „damit der Müll wieder mit ins Tal wandert“. Bewusstsein soll geschaffen werden, wie sensibel unsere Berg- und Naturgebiete sind und wie wichtig es daher ist, keinen Müll achtlos wegzuwerfen.

Viele Wanderinnen und Wanderer, Freizeitsportlerinnen und Sportler nehmen Rucksäcke voll Lebensmittel und Getränke mit in die Berge. Hinauf tragen sie schwer. Da wäre es ein leichtes und übrigens leichter leere Verpackungen ins Tal mitzunehmen, meint Steinacher.

Müll wieder einpacken
„Seit der Coronapandemie liegt mehr Müll, ist uns aufgefallen. Ich denke nicht, dass Leute mehr wegschmeißen. Es sind einfach mehr Leute draußen unterwegs.“ Bei einer Wanderung nehme sie jedes Mal nebenbei circa ein, bis zwei Hände voll Müll mit ins Tal. Jeder könne mit seinem noch so kleinen Einsatz viel bewirken, ist sie überzeugt.

„Es tut nicht weh, wenn wir den Müll wieder einpacken und mitnehmen. Nach der Jause im eigenen Garten oder auf dem Balkon schmeißen wir die Abfälle ja auch nicht einfach hin.“

Der gemeinnützige Verein mit seinen 450 Mitgliedern (Unterstützung über die Webseite möglich) hält Vorträge an Schulen und bei Firmen, organisiert größere Reinigungsaktionen (Clean-Ups), kooperiert mit Tourismusverbänden und anderen Vereinen in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Mit bunten, aus recycelten Resten der Bekleidungsindustrie hergestellten Müllsackerln, den „Drecksackerln“, einem „Mistzangerl“ aus Holz und einem „Tschickdoserl“ für Zigarettenstummeln ziehen Steinacher und ihre Mitstreiter los.

Das größte Problem setzt sich aus vielen kleinen Resten zusammen: Für Steinacher sind Zigarettenstummel in der Natur die größte Sünde. Ein zurückgelassener Filter könne 40 bis 60 Liter Grundwasser verunreinigen. Die Bergwanderführerin findet auf ihren Touren aber auch besonders viele Taschentücher, Dosen und überraschenderweise Gumminoppen von Wanderstöcken. „Die sollten im Wald- und Berggebiet gar nicht verwendet werden. Gumminoppen sind für den Asphalt gedacht, dort geben sie Halt. In Wald und auf dem Berg kann man mit ihnen aber schneller abrutschen und sie können sich in weichem Untergrund von den Stöcken lösen“, kennt Steinacher die Tücken.

Müll kann gefährlich werden
Plastik, Verpackungen, Dosen, Glasflaschen, Zigarettenstummel und Co. haben in den Almgebieten nichts verloren. In der Natur vergessen oder zurückgelassen, können sie Probleme oder sogar Brände auslösen, der Umwelt sowie Wild- und Weidetieren schaden – darüber hinaus uns Menschen auch. Denn z.B. die vielen in Zigaretten enthaltenen Gifte landen in Boden und Grundwasser. Außerdem dauert es viele lange Jahre, bis der ganze Abfall verrottet. Bis es soweit ist, können sich Tiere an Dosen oder Glassplittern verletzten und im schlimmsten Fall daran verenden. Erfahrt im Video der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, welche Folgen zurückgelassener Müll für die Weidetiere haben kann.

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Ungefähre Verrottungszeit

  • Plastik: 100 bis 1.000 Jahre
  • Dosen: bis zu 500 Jahre
  • Glasflaschen: 4.000 bis 50.000 Jahre
  • Papiertaschentücher: bis zu 5 Jahre
  • Bananenschalen: bis zu 10 Jahre

Taschentücher zersetzen sich langsam
„Für alle gilt die Unschuldsvermutung“, betont Vereinsgründerin Steinacher. „Es kann passieren, dass Müll aus den Taschen fällt. Oder man weiß, oft gar nicht Bescheid, dass gewisse Dinge in der Natur nichts verloren haben, so wie Taschentücher zum Beispiel.“ Dabei ist zu bedenken, dass Taschentücher bis zu fünf Jahre oder länger brauchen, um sich zu zersetzen. „Viele neue Produkte sind gebleicht oder sogar extra reißfest, damit sie die Waschmaschine überstehen. Das bedeutet aber auch, dass sie wahnsinnig stabil sind und sich schwerer zersetzen.“ Ungefärbtes Klopapier wäre für sie die bessere Alternative, weil es schneller verrottet.

Schalen von Früchten mitnehmen
Was viele ebenfalls nicht wissen dürften: Schalen oder Kerngehäuse von Früchten sind zwar organisch. Damit tut sich die alpine Natur in unseren Breitengraden aber auch sehr schwer. „Bananenschalen dauern ewig, bis sie verrotten. Die Mikroorganismen in unserer Umgebung sind für die Zersetzung nicht ausgelegt. Außerdem ist das Klima hier ein anderes. Eine Banane kann im Gebirge ewig liegen bleiben, bis zu 10 Jahre, auch 20, wenn es kalt und sie noch konserviert wird“, erklärt Renate Steinacher.

Aus den gleichen Gründen gilt es Mandarinen, Orangen, Melonen oder Gurken bitte wieder mitzunehmen. „Unser Credo ist, alles was dort nicht wächst, hat in der Natur nichts zu suchen. Selbst ein Apfelputzen hat am Berg nichts verloren. Wildtiere sind daran nicht gewöhnt, Vögel können verenden, Wildtiere Magenprobleme bekommen.“

Sensible Natur verstehen lernen
Steinacher betreibt in diesem Sinne viel Aufklärungsarbeit. Was für’s Wandern gilt, kann auch in Sachen Umweltschutz nützlich sein. Wer draußen unterwegs ist, sollte sich mit der Umgebung ein wenig vertraut machen. „Es geht darum die Sensibilität der Natur zu verstehen und sie dann auch zu schützen. Wenn man versteht, was der Natur schadet, kann man dagegen etwas tun.“

Um Wild wie Weidetiere und die Landschaften rund um unsere Almen zu schützen, sind Respekt und Sorgfalt angesagt. Ein kleines Fach im Rucksack, die leere Jausenbox oder ein mitgebrachtes Müllsackerl reichen da schon aus. Auch mit einem schnellen, mühelosen Handgriff lässt sich viel bewirken – und weh tut der nicht.

Fotos: Verein #estutnichtweh

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