Ohne Gailtaler Almkäse g.U. wäre der Almsommer nicht das, was er ist – zumindest in Kärnten, wo der Hartkäse tief in der Kultur verankert ist. Seine Tradition reicht mindestens zwei Jahrhunderte zurück. Das alte Handwerk führen heute noch kleine Sennereien mit viel Leidenschaft weiter. Seit 25 Jahren ist er eine europaweit geschützte Käsespezialität.
13 kleine Sennereien produzieren nach strengem Protokoll
Der würzige Fettkäse wird ausschließlich auf 13 Almen der Gemeinschaft der Gailtaler Almsennereien hergestellt: das sind die Egger Alm, Watschiger Alm, Tressdorfer Alm, Rudniger Alm, Tröpolacher Alm, Rattendorfer Alm, Klein Kordin Alm, Straniger Alm, Waidegger Alm, Achorner Alm, Bischof Alm, Großfrondell Alm und Joch Alm. Dabei verpflichten sich die Senner und Sennerinnen nach traditioneller Weise und gemäß des „Gailtaler Almprotokolls“ den Almkäse zu produzieren. Nicht nur die Herstellung ist darin, sondern auch die Almbewirtschaftung, Tiergesundheit und -haltung, Melkarbeit und Milchverarbeitung sind genau festgelegt.
Unser Almfuchs hat Sennerin Elisabeth Buchacher auf der Watschiger Alm besucht. Das Video könnt ihr hier anschauen!
Produziert wird ein Hartkäse, der zum überwiegenden Teil aus Kuhrohmilch, mancherorts maximal 10 Prozent Ziegenrohmilch, besteht. Zum Einsatz kommen darf nur Almrohmilch, das Verwenden von Milch aus dem Tal ist nicht erlaubt. Die Kühe werden mindestens 60 Tage auf die Almen getrieben. Meistens bleibt das Vieh jedoch viel länger, doppelt so viele Tage, auf den Weiden. Auf diesen wachsen mit den vielen Sonnenstunden des Gailtales viele verschiedene Kräuter. Das schmeckt nicht nur den Kühen, sondern macht auch ihre Milch besonders aromatisch, was sich wiederum auf den Käse auswirkt.
Hauptsächlich von Hand gemacht
Für dessen Produktion sind nur Naturlab und Milchsäurekulturen sowie später Salz für die Reifung vorgesehen. „Auch heute noch erfolgt die Verarbeitung weitgehend händisch“, heißt es auf der Seite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft.
Pro Jahr werden in den kleinen Sennereien laut Bundesministerium rund 40.000 Kilogramm produziert. „Der besondere, einzigartige Geschmack und das würzige Aroma von Gailtaler Almkäse g.U. stehen in direkter Beziehung zur lokalen alpinen Flora, die den Milchkühen als Futtermittel dient“, umschreibt das Bundesministerium diesen Almkäse. Er hat eigene Charakteristika: runde Laibe zwischen einem halben und 35 Kilogramm, mit trockener Naturrinde, wenigen Löchern, goldgelber Farbe, geschmeidiger Konsistenz durch einen Fettgehalt von mindestens 45 Prozent F.i.T. und eindeutig zuordenbarer Kennzeichnung durch die Käsenummer. Aromatisch und vollmundig oder salopp ausgedrückt g’schmackig und g’schmeidig – so lässt sich der Gailtaler Almkäse g.U. wohl am besten beschreiben. Ein Kärntner Käsegenuss mit langer Geschichte.
Erste Erwähnung im 14. Jahrhundert
Die Almen und damit verbundene Käseproduktion im Gail- und Lesachtal in Kärnten können bis Ende des 14. Jahrhunderts zurückverfolgt werden, berichtet der Verein Gailtaler Almkäse g.U. auf seiner Webseite. Die ersten Hinweise finden sich in alten Verzeichnissen (Urbar) des Grafen von Görz „aus den Jahren 1375 bis 1381“. Detaillierte Beschreibungen der Sennereien und Käseproduktion datieren auf das Jahr 1873.
Im Laufe der Jahrzehnte hätten sich Käsesennereien im Gailtal zur Zeit der Industrialisierung, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, „besonders gut entwickelt“. Interessant dabei ist, dass im Gailtal, das von Osttirol nach Kärnten reicht, noch relativ lange Magermilchkäse erzeugt wurde, und zwar bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Diese Art der Käseherstellung nennt man „Friauler Art“. Die „Schweizer Art“, die Produktion von Fettkäse, gelangte wie der Name schon verrät über die Schweiz und Vorarlberg allmählich in die östlichen Alpengebiete. In anderen Teilen Österreichs hatten die Senner und Sennerinnen bereits Ende des 17. Jahrhunderts mehr Fettkäse als Mager-, Sauermilch- und Frischkäse hergestellt. Dies vor allem deshalb, weil der fette Käse länger und leichter haltbar, besser zu transportieren und vollmundiger im Geschmack ist. Aber zurück ins Gailtal.
Nach dem Ersten Weltkrieg, währenddessen dort viele Almen und Wirtschaftsgebäude zerstört wurden, hat es „staatlich geförderte Wiederaufbauarbeiten“ gegeben. „Die in dieser Zeit errichteten Almsennereien prägen noch heute das Bild der alpinen Kulturlandschaft im Gailtal. Die an die Zwecke der Almsennerei angepasste Anordnung der einzelnen Produktionsräume bildet die Grundlage, dass das ,Käsen‘ in diesen Strukturen auch heute noch möglich ist“, heißt es auf der Webseite des Käsevereins und des Bundesministeriums. So soll es 1949 39 Sennereien im Gailtaler Almgebiet gegeben haben. Im Zuge der Modernisierung der Landwirtschaft und intensiven Bewirtschaftung im Tal reduzierte sich die Zahl der Käsereien in den 1960 und 1970er Jahren immer mehr, bis auf sieben Betriebe. Mittlerweile hat sich die Zahl jedoch fast verdoppelt. Seit 1997 wird der Gailtaler Almkäse in der EU mit „geschützter Ursprungsbezeichnung“ (g.U.) geführt.
Von Stotzen“ und Harfen
Typisch für den Kärntner Käse ist die Verwendung von so genannten „Stotzen“. Das sind runde Behälter, in denen die am Abend gemolkene Milch über Nacht natürlich reifen kann. Am Morgen wird die frisch gemolkene Rohmilch hinzugefügt und im Käsekessel auf rund 32 Grad Celsius erwärmt. Durch das Hinzufügen von natürlichem Lab gerinnt der Käse. Mit einer so genannten Harfe wird die Masse zerkleinert und zum Bruch. Bis dieser ausreichend fest ist, wird er im Kessel erwärmt und immer wieder gerührt. Anschließend wird die feste Masse mit einem großen Tuch abgeschöpft und in Formen gepresst. Nach einem zwei Tage dauernden Bad in der Salzlake entsteht eine natürliche Rinde. Dann kann der Almkäse im Reiferaum oder Käselager mindestens fünf Wochen reifen, ehe er verköstigt wird. Gut Ding braucht eben Weile. Das gilt im Gailtal wie sonst wo auch.
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