Was ist das für eine Augenweide auf der Kuhweide: Jetzt im Frühjahr kommen sie raus aus dem Stall. Sie grasen auf ihren Heimweiden rund um die Höfe, stecken die Köpfe ins nasse, kalte Gras, kratzen sich am ein oder anderen Baum, verdauen seelenruhig in der Wiese.
Wenn das Sprichwort heißt, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Dann machen die vielen Kühe im Land den Almsommer und bringen viele positive Aspekte. Vielerorts gehören sie zum Bergbild dazu. Ob grau, braun, gefleckt, mit dunklen Hörnern, zotteligen Haaren oder ohne – viele Rinderrassen fühlen sich auf unseren Almen wohl. Mit ihrer großen Lust auf’s frische Gras sorgen sie für die Landschaftspflege, was dem Tourismus, Sport, aber auch Schutz vor Naturkatastrophen hilft. So nebenbei machen die unterschiedlichen Almkräuter ihre Milch auch noch besonders schmackhaft. Das Aroma findet sich wiederum in den vielen Käsespezialitäten des Landes wieder. Außerdem tut die Bewegung an der frischen Luft, bergauf und bergab, ihnen zusätzlich gut, was sich in der Tiergesundheit und letztlich Fleischqualität niederschlägt. Eine kuh-le Sache könnte man leicht meinen, ein Hoch oder besser ein Muh auf die Kuh.
Pinzgauer und Tiroler Grauvieh
Mit den kleinen, steilen Wiesen unserer Almgebiete kommen Pinzgauer mit kastanienbraunem Fell und Tiroler Grauvieh mit silber bis eisengrauen besonders gut zurecht. Sie haben harte Klauen und einen guten Tritt. Deshalb werden sie besonders oft gealpt, also auf die Alm getrieben. Das Tiroler Grauvieh darf dabei oft auch noch seine dunklen Hörner tragen. Diese sind übrigens für alle Kühe wichtig, dienen sie ihnen doch dazu „kühlen Kopf“ zu bewahren, indem die Hörner Wärme abstrahlen. Die beiden Rinderrassen wurden früher zudem für ihre starke Zugkraft geschätzt. Ein guter Körperbau, eine gute Milchleistung, Vitalität, Leichtkalbigkeit und ein ruhiges Gemüt zeichnet laut Rinderzuchtverband das Tiroler Grauvieh aus. Mit nur einem Prozent ist der Anteil von Tiroler Grauvieh am gesamtösterreichischen Rinderbestand laut dem Rinderzuchtverband gering. Doppelt so viel, also 2 Prozent der Rinder sind Pinzgauer.
Drei Mal so viele Rinder, also 6 Prozent, sind dem österreichischen Braunvieh zuzuordnen. Eine Rasse, die sich auf unseren Almen ebenfalls sehr wohl fühlt. In unserem Alpenraum findet sich darüber hinaus besonders häufig Fleckvieh mit – wie der Name unschwer verrät – dunkel bis hellbraunen Flecken. Laut dem Rinderzuchtverband sind Dreiviertel aller heimischen Rinder dieser Rasse zuzuordnen. Sie sind robust, werden für ihre Milch- und Fleischleistung gleichermaßen geschätzt und daher in den bergigen Almgebieten gern eingesetzt. Als berggeignete Rassen für extensive Weiden werden beim Rinderzuchtverband u.a. noch Brown Swiss Rinder, Ennstaler Bergschecken, Murbodner, Pustertaler Sprinzen, die in den 1980er Jahren beinahe ausgestorbenen Tux-Zillertaler Rinder (Tuxer), Salers und Schottische Hochlandrinder angeführt.
Fast 302.000 Rinder auf unseren Almen
Die Zahl der auf die Alm gebrachten Rinder ist in den letzten zwanzig nur geringfügig zurückgegangen: auf fast 302.000 im Jahr 2020 (davon knapp 50.000 Milchkühe), 2000 waren es insgesamt über 320.000. Insgesamt dürfte es in Österreich knapp 2 Millionen Rinder geben, die meisten von ihnen leben also im Tal im und rund um den Stall. Doch zurück auf die Alm.
In Vorarlberg ist der Großteil der gealpten Tiere Rinder. Fast ein Drittel des gesamten Vorarlberger Milchkuhbestandes soll der Statistik zufolge im Sommer auf die Alpen kommen. In Tirol sind es mehr als 100.000 Rinder. Dabei macht der Anteil an Milchkühen (rund 31.000) laut Tiroler Bauernzeitung mehr als 60 Prozent aller österreichischen Almkühe aus. In Salzburg gibt es im Sommer rund 65.000 Rinder auf den Almen. Je weiter östlich man kommt, desto stärker nimmt die Zahl ab. Werden in Kärnten noch rund 45.000 Stück Rinder aufgetrieben, sind es in der Steiermark 42.500. In Ober- und Niederösterreich zählt man im Sommer zwischen 4600 und 4800 Rinder auf den Almen.
Der Zeitpunkt der Bestoßung ist je nach Rinderart unterschiedlich: Milchkühe sollten laut den landwirtschaftlichen Experten um den 150. Laktationstag auf die Alm kommen, daher gilt es sie im Vorjahr bereits Mitte März „zu belegen“, also besamen. Bei Kälbern wird auf ihr Alter geachtet: je nach Almgebiet, Gelände und Seehöhe sind sie bei ihrem ersten Almsommer fünf bis sechs Monaten alt.
Richtiges Verhalten
Kein Kuh-Lexikon ohne Kuh-Knigge, denn auf unseren Almen treffen Mensch, Vieh und andere Tiere aufeinander. Allgemein gesehen sind Rinder sensible Fluchttiere, die am liebsten in Ruhe gelassen werden. Dabei gilt es Folgendes zu beachten: Aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichtes bringen sich liegende Kühe in den Stand zurück, indem sie ihren Kopf nach vorne beugen und sich nach vorn schwingen. Kommt man in diesem Moment den Tieren zu nahe, kann das unschöne Folgen haben. Daher bitte den nötigen Respektabstand halten und sich Tieren, wenn überhaupt, nicht von vorne nähern. Die Kühe haben ein starkes seitliches Sichtfeld, sehen aber insgesamt schlechter als sie riechen. Daher schnauben sie oft laut auf, um noch besser riechen zu können. Aufgrund ihrer Sehschwäche und ihrer Schreckhaftigkeit sollte man sich den Tieren nur langsam nähern und keinen unnötigen Lärm machen.
Auf Almen mit Mutterkuhhaltung, das ist in vielen Fällen eigens angeschrieben, weiden sensible Mutterkühe und ihre Kälber. Instinktiv versuchen die Mütter ihren Nachwuchs zu beschützen. Ein Hund, zu nahe Wanderer oder fotografierende Spaziergänger können in den Kuhaugen eine Gefahr sein. Mutterkühe reagieren darauf oft mit Flucht, Verteidigung oder im schlimmsten Fall Angriff. Daher bitte genügend Abstand zu den Tieren halten und das Weidegebiet rasch queren.
Auf Galtviehalmen finden sich Rinderherden mit vielen Jungtieren. Die heranwachsenden Tiere sind neugierig, oft übermütig und unerfahren im Umgang mit Menschen. Bei manchen Gelegenheiten nähern sie sich den Wanderern und Freizeitsportlerinnen mit kindlichem Eifer. Daher kann es leichter zu unkontrollierten, unbeabsichtigten Zusammenstößen kommen. Auch hier ist der beste Rat, ruhig und mit Abstand an den Tieren vorbeigehen. Jungtiere können noch so niedlich aussehen – sie sind keine Haustiere und die Alm ist kein Streichelzoo. Daher in jedem Fall Almtieren mit Respekt begegnen und sie nicht streicheln, füttern oder mit ihnen für Fotos posieren.
Auf Melkalmen finden sich zum überwiegenden Teil Milchkühe. Durch das tägliche Melken sind sie einigermaßen an den Menschen gewöhnt. Dennoch handelt es sich um sensible Tiere, die unvorhersehbar reagieren können. Abstand ist die einfachste und sicherste Regel.
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