Die Verhältnisse auf Österreichs Almen waren in den vergangenen Jahrhunderten hart. Nicht nur Wetter, karge Ausstattung und Vieh machten den Almbauern und Almbäuerinnen von anno dazumal zu schaffen. Die schwierigen Grundbesitze trugen viel zum Elend und zur Not auf den Bergen bei. Jährlich hatten Almbewirtschafter hohe Menge an Käse und Butter (Schmalz) abzuführen.
Der Text stammt von Martin Achrainer, Historiker und Betreuer des Archivs vom österreichischen Alpenverein. Er liefert Historisches aus der Wildschönau.
Die Aufzeichnungen aus dem Kloster Seeon geben Aufschlüsse über das Wirtschaftsleben in der Wildschönau. Die Güter des Klosters in der Wildschönau umfassten ursprünglich die sogenannten ‚Urhöfe‘, die in den ältesten Aufzeichnungen von 1416 bereits alle Almbesitz hatten.
In einer zweiten Stufe des Landausbaus wurden sogenannte ‚Schwaigen‘ angelegt, zu deren Grundausstattung je sechs Rinder zählten, die vom Kloster bereitgestellt worden waren. Während die Urhöfe zur Lieferung von Wein verpflichtet waren, zinsten die Schwaigen alljährlich als Abgaben 300 Stück Käse an das Kloster, die einheitlich an Größe und Gewicht waren (aller Wahrscheinlichkeit nach wogen sie 1 Pfund = 0,56 kg), dazu kamen 50 kleinere ‚Maikäse‘.
Hohe Abgaben von Almbauern an Kloster
Im Lauf der Zeit erschlossen oder erwarben die Besitzer der Schwaighöfe Almbesitz oder Grasrechte. In Folge der großen Teuerung im 17. Jahrhundert gerieten die Wildschönauer Untertanen mit ihrem Grundherrn, dem Kloster Seeon, in Streitigkeiten über die Höhe der Abgaben. Abt Honorat Kolb stellte im Jahr 1650 folgende Rechnung über die Käseabgaben an: Der Wert der Dienstkäse wurde mit einem Kreuzer pro Stück angegeben, die Maikäse mit zwei Pfennig (= ½ Kreuzer), das ergab in Geld fünf Gulden und 25 Kreuzer pro Schwaige.
Doch müssen, schreibt Abt Honorat, die Käsedienstmänner alle Jahr große Käse bringen, welche geschätzt und mit der schuldigen Summe verrechnet werden. Bringen sie mehr Käse als sie schuldig sind, kann man ihn annehmen und bezahlen oder eben nicht annehmen; bringen sie weniger, müssen die Dienstmänner den Rest mit Geld abzahlen. Diese Regelung wurde in einem Vergleich von 1667, der nicht mehr vorliegt, schriftlich fixiert.
Streit zwischen Kloster und Almbauern um Geldwert des Käses
Offenbar ging der Streit aber weiter und drehte sich um den Geldwert des Käses. Da beharrte das Kloster Seeon auf den alten Rechten und diktierte in einem Vergleich vom 30. Mai 1714, es solle fürderhin „und auch zu ewigen Weltzeiten“ der Käse wiederum in Natura geliefert werden, also 300 Stück im Herbst und 50 kleinere im Frühjahr.
Das war wohl eine Trotzhaltung des Klosters, um seinen Willen durchzusetzen. Keine zehn Jahre dauerte es, bis die Besitzer der Schwaigen mit dem Kloster einen neuen Vergleich abschlossen: Sie hätten darin eine Beschwernis gefunden, etlich hundert Stück kleine Käse anzufertigen, was eine lange Zeit und viel Mühe brauche und die Käse „starckh eintruckhnen unnd kein Ansechen noch Güete bekhombt, einvolglich dem Grundtherrn selbst eben kainen sonderbahren nutzen bringen thuen“.
Diese Beschreibung ist äußerst bemerkenswert: Denn diese Käse, die stark eintrocknen, von Aussehen und Güte nicht mehr genügten, ja dem Grundherrn sogar keinen besonderen Nutzen bringen würden, waren ja über Jahrhunderte hinweg eines der Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung gewesen.
Mehr als die Hälfte der Abgaben musste fetter Käse sein
Und so kam schließlich im Jahr 1723 der dritte Vergleich um die Käseabgaben zustande: Die Schwaigen hatten jetzt etwas mehr als die Hälfte ihrer Abgaben in großen Käsen zu entrichten, den anderen Teil in Geld. Die Käse wurden genau beschrieben als „große ain gegen dem andern bey Siben pfundt schwere Albkääß, gueter qualitaeta wohl außgetrückhneten“. Die knapp vier kg (7 Pfund à 0,56 kg) schweren Käse wurden ausdrücklich als ausgereifte (ausgetrocknete) Almkäse guter Qualität (Fettkäse) bezeichnet. Das Pfund wurde mit zwei Kreuzern sicher am untersten Ende der Preisskala bewertet. Jeder Käsedienst umfasste nun einen Centen, das sind 100 Pfund.
Betroffen hat diese Regelung nur mehr sieben Schwaigen aus der Seeonschen Grundherrschaft: Schwarzenau, Loyen, Salcher, Weißbach, Höhenegg, Dürrnstetten und Grub. Da die Schwaigen inzwischen jeweils in zwei oder drei (Salcher) Höfe geteilt waren, erscheint diese Belastung recht gering. Bei allen übrigen Schwaigen waren die Abgaben längst in Geld umgewandelt worden. Mit der Verbesserung der Produktionsverhältnisse, vor allem auch der vermehrten Almflächen, hatte der Almkäse den alten Dienstkäse verdrängt.
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