Sagenhafte Almen

… Unsere Almen sind im wahrsten Sinne des Wortes sagenhafte Orte. Eine ganze Reihe von Sagensträngen umwehen seit Jahrhunderten unsere Almen. Die meisten dieser Sagen und Mythen sind über Jahrhunderte mündlich überliefert worden und wurden irgendwann in verschiedenen Versionen schriftlich niedergelegt.

Wir wollen die Zeit nutzen, jetzt im Herbst und im Winter, und euch einige dieser Sagenstränge mit ausgewählten Beispielen ein bisschen näherbringen, erzählen. Für unsere Podcastseite wird unser Almfuchs – selbst schon fast eine mythische Figur 😉– die Sagen einlesen und ihrem jeweiligen Sagenkreis zuordnen.

Die meisten Sagen erzählen erwartungsgemäß vom reichen Almleben im Sommer mit den für diese Zeit typischen Figuren, Sennern und Sennerinnen. Immer wieder spielen deren Beziehung zu den Almtieren eine hervorragende Rolle im Erzählstrang. Gar nicht so wenige Sagen spielen interessanterweise außerhalb der eigentlichen Almsaison, wenn die Almleute und ihre Tiere längst wieder im Tal sind. Also im Herbst und im Winter, wo Ruhe auf den Almen eingekehrt sein sollte, wo es aber, geht es nach den Sagen, so ruhig dann doch nicht zugeht. Jetzt gehen allerhand Geister um, eigenartige Dinge passieren…

Almsagen, die von übernatürlichen Wesen bevölkert werden. Diese bilden den ältesten Sagenkreis:
Almen wurden zu allen Zeiten als ein Übergangsraum wahrgenommen: zwischen Tal und Gipfel, zwischen Kultur und Natur, zwischen der menschlichen und tierisch-dämonischen Sphäre, zwischen Diesseits und Jenseits. Es herrschen andere Kräfte dort oben, andere Ordnungen als im Tal. Die den Almalltag so unmittelbar betreffenden Wetterereignisse, allerhand Unerklärliches, Unvorhersehbares, Unergründliches – hinter all diesen Phänomenen vermutete man früher beseelte Wesen. Auch Kulturtechniken wie das Käsen mussten schließlich irgendwann von irgendwem den Menschen beigebracht worden sein. Also müssen irgendwelche Geister ihre Hände im Spiel gehabt haben.

Typische Beispiele solch übernatürlicher Wesen, die seit alters her die Almen behausen, sind die „Saligen Frauen“,alle Arten sogenannter „Almputze“, Kasermandel, wilde Mander, Zwerge oder auch der bekannte Rübezahl, der Herr über das Almwesen im Riesengebirge usw. usf. Allesamt mehr oder weniger machtvolle mythische Wesen, die mal dienlich sind, mal eher schalkhaft bis hin zu furchtbar strafend. Letzteres immer dann, wenn der Mensch, der der Alm dienen sollte, sich als Herr über die Alm aufspielt, faul ist oder sonst irgendwie lasterhaft, insbesondere, wenn er seine Tiere vernachlässigt oder gar misshandelt.

Die christlich überprägten Almsagen. Segen und Strafen Gottes:
In späteren Zeiten werden die Geisterwesen zusehends durch Gott und seinen ewigen Gegenspieler, den Teufel, ersetzt, sprich in ihrer moralischen Aussage christlich überprägt. Jetzt ist es Gott, der über die Ordnung der Almen waltet und seinen Segen oder seine Strafe ausspricht, je nachdem, ob die Amtleute sich derselben unterwerfen oder nicht. Im letzteren Fall ist es der Teufel der zu Faulheit, Prasserei, Unbarmherzigkeit oder gar Unzucht verführt. All das war auch schon in heidnischen Zeiten Tabu auf der Alm. Jetzt kommen noch im engeren Sinne kirchlich-religiöse Verbote, wie das Nichteinhalten der Feiertagsruhe, das Fluchen etc. dazu. Wer dazu sich hinreißen lässt, zerstört die moralische Grundfeste der Alm selbst und wird bestraft. In einer Spezialform dieser „Frevelsagen“ dehnt sich das individuelle Fehlverhalten einzelner als kollektive Strafe auf die ganze Alm aus und diese verschwindet zur Gänze. Mal unter Schnee und Eis, mal unter Wasserfluten, mal unter Bergstürzen. Die bekanntesten Beispiele dieser Sagen sind jene von der „Übergossenen Alm“ am Hochkönig und jene von der „Blüemlisalp“ in den Berner Alpen.

Das Mitgeschöpf Tier im Mittelpunkt: Von der Verantwortung für den wichtigsten Partner auf der Alm
Der Kern vieler Sagen handelt von der Mensch-Tier-Beziehung. Den Almtieren wird darin die gebührende Reverenz erwiesen. Zu allen Zeiten wusste der Mensch, dass das Wohlergehen der Almen untrennbar ist von jenem der Tiere. Diese werden dort als Mitgeschöpf angesehen: empfindsam, warnend, manchmal seherisch. Wo der Mensch das Tier nur noch als Mittel zum Zweck betrachtet oder gar schlecht behandelt, dort bricht die alte Ordnung zusammen und das wird bestraft. Zu diesen Sagen zählen auch jene, die zu den Rauhnächten erzählt werden. Wo der Mensch, der sich and diesen Tagen in den Stall wagt, die Sprache der Tiere verstehen kann.

Herkunftssagen. Wie kommt die Alm zu ihrem Namen
Warum heißen Almen, wie sie heißen, zum Beispiel Blüemlisalp oder Übergossene Alm – dahinter stehen jeweils Almfrevel, wie weiter oben schon angedeutet. Was hat es mit den diversen Jungfernsprüngen, Teufelshörnern oder Wolfsgruben auf sich? Wie entstand diese Senke in der Landschaft, jener Felsabsturz usw. Herkunftssagen geben darüber Auskunft. Wobei sie sich häufig mit anderen Sagenkreisen vermischt finden, vor allem jenen, die von Segen oder Strafe handeln, die eine Alm treffen.

Damit wären die wesentlichen Sagenkreise benannt. Wir werden sie euch in ausgesuchten Beispielen zu Gehör bringen. So gehen wir mit unseren Almen in sagenhafte Zeiten. Kommt gerne mit!

Das könnte euch auch interessieren:

Noch mehr zum Thema Brauchtum

An Mariä Himmelfahrt Kräuter weihen

An Mariä Himmelfahrt Kräuter weihen

Sie duften nach Sommer und sehen auch so aus: bunte Sträuße mit Rosen (für die Gottesmutter Maria), zarten Kamillenblüten, lila blühender Pfefferminze, satt-gelben Arnika und Königskerze, weißer Schafgarbe, saftig grünem […]

15. August 2025
Weiterlesen
Almwirtschaft im hohen Norden des Riesengebirges

Almwirtschaft im hohen Norden des Riesengebirges

Nach dem Niedergang des Bergbaus in Schwaz wurden ab 1566 arbeitslos gewordene Fachkräfte von Kaiser Ferdinand in die noch nicht ganz erschöpften Erzbergstätten Mittelböhmens, mit dem Zentrum Kuttenberg (Kutná Hora), […]

11. Juli 2025
Weiterlesen
Transhumanz – der jahrhundertealte Rhythmus der Almwirtschaft

Transhumanz – der jahrhundertealte Rhythmus der Almwirtschaft

Tirols Transhumanz: Ein lebendiges UNESCO-KulturerbeIn Tirol, besonders im Ötztal, ist die Transhumanz ein öffentlichkeitswirksames Ereignis: Jährlich ziehen rund 5.000 Schafe und Ziegen von Südtirol über die Alpenpässe ins Ötztal. Die […]

8. Juli 2025
Weiterlesen
Der Duft der Berge: Die Latschenbrennerei auf der Planneralm

Der Duft der Berge: Die Latschenbrennerei auf der Planneralm

Handwerk trifft NaturIn der Latschenbrennerei wird nach überliefertem Rezept und alter Tradition gearbeitet. Die jungen Triebe der Latsche, einer speziellen Kiefernart, werden sorgfältig von Hand geerntet und in einem traditionellen […]

6. Juni 2025
Weiterlesen
Traditionen und Bräuche rund um den Almauftrieb in Österreich

Traditionen und Bräuche rund um den Almauftrieb in Österreich

Ein stilles Ereignis mit tief verwurzelten BräuchenIn vielen Regionen wird der Almauftrieb mit einer Segnung begleitet. Vor dem Aufstieg versammeln sich die Bauernfamilien, Hirtinnen und Hirten mit ihren Tieren, um […]

16. Mai 2025
Weiterlesen
Was passiert, wenn Almen aufgelassen werden …

Was passiert, wenn Almen aufgelassen werden …

Unterwegs in einem Seitental des Val di Cembra. Ausgangspunkt ist das Bergsteigerdorf Brusago. Unser Ziel: der herrliche Aussichtsberg Monte Croce. Der Anstieg erfolgt über ehemalige Malghe, sprich aufgelassene Almen. Der […]

25. April 2025
Weiterlesen
Das Osterlamm als Symbol des ewig wiederkehrenden Lebens

Das Osterlamm als Symbol des ewig wiederkehrenden Lebens

Lämmer hüpfen verspielt herum, freuen sich ihres Lebens, so sehe ich es jedenfalls. Was für ein herzerfrischendes Bild. Österliche Freude unserer tierischen Mitgeschöpfe. Ich nähere mich ihnen vorsichtig und schnappe […]

18. April 2025
Weiterlesen
Das Osterlamm, der gute Hirte und der Wolf

Das Osterlamm, der gute Hirte und der Wolf

Facebook lässt mich in diesen Tagen auffällig oft wissen, dass Lämmer leben wollen, als wüsste ich das nicht. Es sei geradezu unmoralisch und verwerflich, wenn wie jetzt zu Ostern, Lämmer […]

18. April 2025
Weiterlesen
„April, April, der macht was er will“ – oder: Woher kommen eigentlich Bauernregeln?

„April, April, der macht was er will“ – oder: Woher kommen eigentlich Bauernregeln?

Woher kommen sie? Die Ursprünge von Bauernregeln liegen in der Beobachtung und Erfahrung von vielen Generationen von Landwirten. Damals, als es noch keine modernen Wetterberichte oder Apps gab, mussten die […]

11. April 2025
Weiterlesen
Die Kühe und die Kälte

Die Kühe und die Kälte

Auf den Bergspitzen glitzern schon die ersten Schneefelder. Die Almen sind winterfest gemacht und die Tiere ins Tal getrieben worden. Bevor es in den Stall geht, dürfen die Kühe auf […]

23. Oktober 2024
Weiterlesen