Die Schafschied in Tarrenz ist ein Fest für die kleinen Helden der Almen | Tirol

…Der Schafabtrieb in Tarrenz im Tiroler Oberland hat lange Tradition. Von der Tarrenton Alm und der Hinterberg Alm kommen bei der Schafschied am zweiten Septembersonntag rund 1000 Schafe und ca. 100 Ziege zurück ins Tal. Unser Almfuchs hat beeindruckende Bilder eingefangen.

Die Schafschied von Tarrenz im Gurgltal im Tiroler Oberland ist ein Fest für das ganze Dorf. „Schafschoad“ nennen sie es. Alle freuen sich mit, wenn traditionell am zweiten Sonntag im September an die 1000 Schafe und ca. 100 Ziegen von ihrem langen Alpsommer auf den Alpen Tarrenton und Alpe Hinterberg ins Tal zurückkommen. Dort werden sie von ihren Besitzern und Besitzerinnen freudig in Empfang genommen. Unser Almfuchs hat sich unters schaulustige Publikum gemischt. Er bringt Bilder und Stimmen mit von diesem Fest für die kleinen Wiederkäuer, die bei der Almpflege eine so große Rolle spielen. Der Almabtrieb wird hier im Oberland und in Vorarlberg übrigens auch Alpabzug genannt.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Ein Hirte aus dem Bilderbuch
Alfred Doblander ist ein Hirt wie aus dem Bilderbuch. Mit seinen 66 Jahren, grauem Rauschebart, dem Hirtenstab und seinem Hütehund passt er auch optisch wunderbar ins Bild, das ich hier in Obtarrenz vorfinde. Dort dürfen die Ziegen und Schafe vor ihrem großen Auftritt im Dorf noch einmal pausieren. Eine Bildergalerie zu Alpabzug und Schafschied in Tarrenz findet ihr hier!

Schließlich haben diese bereits einen annähernd 4-stündigen Marsch von den Almen hinter sich. Genauso wie Alfred selbst und die gesamte Treibermannschaft – es sind ausnahmslos Männer –, die entsprechend schweißgebadet an diesem heißen Septembersonntag beim Schaf- und Ziegenpferch ankommt.

Ich bin schon ein bisschen früher da und versuche die eine oder andere der bereits Wartenden für ein kurzes Interview zu gewinnen. Es sind auffällig viele junge Frauen da und schnell stellen sie sich als fachkundige Züchterinnen heraus. Die mir zwar bereitwillig Auskunft über Leidenschaft und Liebe zu ihren Tieren geben, aber nicht so gerne vor die Kamera wollen.

Besonderer Tag für alle in Tarrenz
Stefanie Tangl aus Tarrenz schließlich, unterstützt von ihrem Vater Kilian, ist bereit mir ein paar Fragen zu beantworten. Der Tag ist für sie und alle im Dorf schon etwas ganz Besonderes. Vorfreude und Aufregung sind groß. „Ich freue mich immer, wenn die Schafe wieder heimkommen“, erzählt Stefanie, deren Freund eine stattliche Herde mit 60 bis 70 Schafe und ein Dutzend Ziegen sein Eigen nennt. „Die Schafe bedeuten mir viel. Es ist ein super Ausgleich zum Alltag und ein sehr schönes Hobby“, findet Stefanie

Die Anteilnahme der Tarrenter freut sie sehr. Es ist ein deutliches Zeichen für den Stellenwert der Kleinwiederkäuer und ihrer Kollegen und Kolleginnen vom örtlichen Zuchtverband hier in der Region. Vater Kilian weiß zu berichten, dass der und die eine oder andere Schaulustige teils von weither eigens zu der Schafschied anreisen. Wie sich die Hunderten Tarreter Schof und Ziega, wie sie hier im Gurgltal im Dialekt auch genannt werden, ihren Weg durch die Dorfgassen bahnen, begeistert die Zuschauer.

Nachdem sich Hirt Alfred gestärkt hat, steht auch er mir, umrahmt von „seinen“ Ziegen, für ein kurzes Interview zur Verfügung. Die ganze letzte Woche über hat er, zusammen mit einer Handvoll Besitzer, die Schafe und Ziegen im riesigen Almgebiet gesucht und zusammengetrieben für den heutigen Abzug. Die Verluste durch Stein- und Blitzschlag lägen heuer im langjährigen Schnitt von ca. zwei Prozent. Damit ist im Hochgebirge einfach zu rechnen.

Von Großraubtieren verschont geblieben
Freilich hofft man jedes Jahr, dass der Almsommer gnädig verlaufe. Gerade auch hinsichtlich der Großraubtiere. Davon wenigstens blieb er heuer verschont.

Letztes Jahr hingegen hat ihm der Bär einige Tiere gerissen und ihm selbst, seiner Psyche und Motivation schwer zugesetzt. Ganze drei Wochen sagt Alfred, war er schier am Verzweifeln und fast unfähig seinem Tagwerk nachzukommen.

Worin denn für ihn, den Hirten, der Unterscheid bestehe, zwischen beispielsweise vom Blitzschlag getöteten und von einem Bären oder Wolf gerissenen Tieren, frage ich Alfred. Tote Tiere zu finden sei natürlich nie schön. Nachdem letztes Jahr der Bär zugeschlagen hatte, sei ihm aber selbst „die Muffen“ gegangen, wie er sich ausdrückt. Viele hätten ihm daraufhin nahgelegt, sich zu bewaffnen. Das sei aber keine Option für ihn gewesen.

Ich will Alfred noch, worin er selbst das Schöne an seinem Beruf sehe. Wenn er mit seinem treuen und unersetzlichen Hund in der Natur droben sei und im Herbst, die allermeisten seiner Schutzbefohlenen gesund heimbringe und deren Besitzer ihm gebührend danken, das sei schön, sagt Alfred. Das sei heuer der Fall gewesen. Zu der Schafschied ist auch das Wetter prächtig. Den schönen Almausklang werden Alfred und seine Treibermannschaft ausgiebig feiern.

„Woll-Lawine“ in der Trujegasse
Die insgesamt 45 Besitzer und Besitzerinnen der Schafe und die 17 stolzen Ziegenzüchter und Züchterinnen feiern unter großer Anteilnahme der lokalen Bevölkerung und einiger Gäste mit. Das Menschenspalier für die durchziehende „Woll-Lawine“ in der engen Trujegasse ist wirklich beeindruckend.

Schafschied teilt Schafe und Ziegen auf
Bei der abschließenden wortwörtlichen Schafschied dividieren alle Besitzer und Besitzerinnen ihre Tiere im sogenannten Bangert, einem idyllischen Obstbaumgarten, auseinander- Es wuselt hier gewaltig. Da geht es rund und die eine oder andere lustige Szene ist garantiert. Das will sich zurecht keiner der Zuschauer entgehen lassen.

Ich jedenfalls habe die ganze Veranstaltung mit großer Begeisterung mitverfolgt und möchte mich stellvertretend für die Organisatoren bei Alexander Reich und beim Geschäftsführer des Tiroler Schaf- und Ziegenzuchtverbandes Johannes Fitsch, bedanken

Unser Almfuchs hat 2023 auch den Alpabzug von der Gogles Alm in Landeck besucht. Das Video könnt ihr euch hier ansehen! Die Bildergalerie findet ihr hier!

Videos von Almauftrieben

Noch mehr Videos von der Alm

Auf der Alpe Garnera wird die Tradition vom Sura Kees fortgeschrieben | Vorarlberg

Auf der Alpe Garnera wird die Tradition vom Sura Kees fortgeschrieben | Vorarlberg

Auf der Alpe Garnera im Vorarlberg Montafon wird nach jahrhundertealter Tradition der so genannte Sura Kees hergestellt. Veronika Kartnig, die Sennerin auf Garnera, verrät unserem Almfuchs im Interview, worauf es […]

28. November 2023
Weiterlesen
Kabarettist und Schauspieler Herbert Steinböck und seine Liebe zur Alm | Niederösterreich

Kabarettist und Schauspieler Herbert Steinböck und seine Liebe zur Alm | Niederösterreich

…Auf der Steyersberger Schwaig im Niederösterreichischen Wechselgebiet hat unser Almfuchs den Kabarettisten und Schauspieler Herbert Steinböck zum Gespräch getroffen. Er wollte von ihm erfragen, was Kunstschaffende wie ihn auf die […]

22. November 2023
Weiterlesen
So hart ist ein Arbeitstag auf den Almen in Österreich

So hart ist ein Arbeitstag auf den Almen in Österreich

Der Wecker läutet früh auf unseren Almen und spät geht das Licht aus. Arbeiten auf der Alm ist ein Knochenjob. Den Sommer über betreuen die Menschen in den Almgebieten mit […]

20. November 2023
Weiterlesen
Alt-Wiener Suppentopf vom Himmelrind von Bernhard Hanak | Niederösterreich

Alt-Wiener Suppentopf vom Himmelrind von Bernhard Hanak | Niederösterreich

Speckknödel und Suppe gehören zur Alm wie Käse und Kuh. Suppen haben generell eine lange Tradition auf unseren Almwirtschaften. Als typisches Almgericht hat es anno dazumal viel Saure Suppe (Stosuppe), […]

17. November 2023
Weiterlesen
Unsere Almen sind für vieles im Land wichtig

Unsere Almen sind für vieles im Land wichtig

Von Vorarlberg bis Niederösterreich: Unser Almfuchs hat den ganzen Sommer über Almen in ganz Österreich besucht. Er hat all jene befragt, die von und mit der Alm leben. Eines ist […]

13. November 2023
Weiterlesen
Wie im Himmel auf der Himmelalm | Niederösterreich

Wie im Himmel auf der Himmelalm | Niederösterreich

Am Himmel, wenn das mal nicht eine passende Ortsangabe für eine Alm ist. In den Türnitzer Alpen, unweit des bekannten Stiftes Lilienfeld, betreut Bernhard Hanak schon den 10. Sommer über […]

6. November 2023
Weiterlesen
Theresa Mitterer-Leitner: Die Almen sind Grundlage für den alpinen Tourismus | Tirol

Theresa Mitterer-Leitner: Die Almen sind Grundlage für den alpinen Tourismus | Tirol

Rund um unsere Almen und Alpen tummeln sich zu jeder Jahreszeit Wanderer und Wanderinnen, Gäste und Einheimische, Sportlerinnen und Sportler. Sie alle – und damit auch der Tourismus und die […]

2. November 2023
Weiterlesen
Adelheid und Walter Dullnig pflegen ihre Heiligenbachalm mit mehr als 80 Jahren | Kärnten

Adelheid und Walter Dullnig pflegen ihre Heiligenbachalm mit mehr als 80 Jahren | Kärnten

So tief, wie es sich gehörte, kann ich meinen Hut gar nicht ziehen vor Adelheid und Walter Dullnig. Mehr als 30 gemeinsam geschulterte Almsommer! Mir genügen wenige Worte aus Adelheids […]

30. Oktober 2023
Weiterlesen
Ein typischer Tag auf einer Alm hat viele verschiedene Aufgaben

Ein typischer Tag auf einer Alm hat viele verschiedene Aufgaben

Eines vorweg: ein Arbeitstag auf einer Alm in Österreich ist nie gleich. Viele Aufgaben wechseln sich mit mindestens ebenso vielen Herausforderungen, aber auch Glücksmomenten ab. Außerdem gestalten sich die Einsätze […]

25. Oktober 2023
Weiterlesen
Dr. Susanne Aigner: Artenvielfalt ist auf Almen enorm

Dr. Susanne Aigner: Artenvielfalt ist auf Almen enorm

Es kreucht und fleucht auf unseren Almen. Insekten schwirren, Vögel zwitschern, Spinnen weben ihre Netze, Blumen strecken sich in die Höhe. Dazwischen nimmt sich das Almvieh das saftige Grün vor. […]

24. Oktober 2023
Weiterlesen