Unser Sommer auf der Alm

… Nachgefragt bei zwei jungen Menschen, die bereits einen Almsommer erlebt haben. Im Doppelinterview erzählen Johanna und Johannes von ihren Erfahrungen.

Johanna und Johannes lernten sich im Sommer 2024 in der Schweiz kennen. Beide haben sich um einen Job bei der Almschaukäserei Morteratsch in Pontresina beworben. Wie es dazu kam, welche Erfahrungen sie gemacht haben und welche Tipps sie für junge Leute haben, die auch einmal auf einer Alm arbeiten wollen haben sie unserem Almfuchs erzählt.


Danke euch beiden, dass ihr euch die Zeit für dieses Gespräch nehmt. Stellt euch bitte mit ein paar Worten zu Beginn selbst vor:
Mein Name ist Johanna Fürstauer-Reiter bin 17 Jahre alt und komme aus Saalfelden im wunderschönen Pinzgau. Derzeit besuche ich die 4. Klasse der HBLFA Raumberg Gumpenstein. Neben der Landwirtschaft zählen auch die Musik und der Sport zu meinen Leidenschaften.

Mein Name ist Johannes Wellenzohn (27) und ich komme aus dem Obervinschgau in Südtirol. Ich bin durch den elterlichen Betrieb mit der Landwirtschaft groß geworden und habe auf der Universität für Bodenkultur den Bachelor in Landschaftsarchitektur absolviert. 

Johanna, was war deine Motivation, dein Pflichtpraktikum im Rahmen deiner landwirtschaftlichen Ausbildung auf einer Alm zu absolvieren?
Nach einigen Bewerbungen auf unterschiedlichen landwirtschaftlichen Betrieben quer durch Europa wurde mir bewusst, dass ich mein Praktikum auf einer Alm absolvieren möchte. Die Almwirtschaft spielt auch in Österreich eine sehr große Rolle, deshalb wollte ich speziell in diesem Bereich weitere Erfahrungen sammeln.

Johannes, was hat dich nach deinem Studium auf die Alm gezogen?
Gleich nach dem Studium war mir die derzeitige Arbeitssituation durch Corona etwas zu unsicher, deshalb entschied ich mich, einen 3- wöchigen Almsennkurs in der Fachschule Fürstenburg in Burgeis zu besuchen. Die Veredelung des Grundnahrungsmittels Milch zu Käse hat mich schon seit langem fasziniert. Diese Chance, vor dem Einstieg in die Berufswelt für einen Sommer auszuprobieren, wollte ich mir nicht nehmen lassen.

Was waren eure Überlegungen bei der Suche nach einem Alm-Praktikumsplatz bzw. einer Almstelle?
Johannes: Für mich stand im Vordergrund, soviel wie möglich über die Verarbeitung der Milch zu lernen. Dadurch suchte ich gezielt Almen, die verschiedenste Produkte herstellten. Ich wurde deshalb in die Schweiz gelenkt, da es dort wesentlich größere Almen gab als in meiner unmittelbaren Umgebung.

Johanna: Für mich als Praktikantin standen meine Aufgaben und Tätigkeiten an erster Stelle. Zudem wollte ich auf eine Alp mit Ausschank, da ich mich gerne mit Touristen aus aller Welt austausche und eine Gastronomie zum üblichen Alm-Alltag eine Abwechslung darstellt. Ebenso wollte ich mich im Bereich der Milchverarbeitung und Käseherstellung weiterbilden.

Wie hat sich dann eure Suche gestaltet?
Johannes: Durch den besuchten Almsennkurs wurde ich über Portale und auch Whats-App Gruppen informiert, die mir bei der Suche nach Almen weiterhelfen sollten. Eine absolut empfehlenswerte Seite ist die zalp.ch, wobei hier nicht nur die Schweiz, sondern auch Südtirol, Österreich und Deutschland vertreten sind. Es wurden laufend neue Stellen ausgeschrieben, weshalb ich mich bei mehreren beworben und auf Antwort gewartet habe. Eine Anzeige selber gab ich jedoch nicht auf Ich führte mit drei verschiedenen Almen Erstgespräche, wobei schnell klar wurde, wohin es gehen sollte. Somit war die Entscheidung innerhalb kürzester Zeit gefallen, da dies natürlich auch für beide Parteien sinnvoller war.

Johanna: Meine Anfänge bei der Suche nach der perfekten Almstelle waren in den sozialen Medien. Ich bin dann auf die Seite „Zalp“ gestoßen, wo ich schlussendlich auch meine finale Stelle fand. Auf meiner Suche habe ich mich bestimmt bei 10 verschiedenen Almen beworben, bis ich dann auf die Alp Schaukäserei Morteratsch gestoßen bin. Dort habe ich mich als erstes per Mail beworben und wurde kurz darauf auch schon vom Seniorchef zurückgerufen. Daraufhin bin ich mit meinen Eltern im März 2024 nach Pontresina in die Schweiz gereist, um meine Praktikumsstelle zu fixieren und meine Arbeitsumgebung und Chefleute persönlich kennen zu lernen.

Welche Erfahrungen könnt ihr Almneulingen bei der Suche nach der richtigen Alm mitgeben?
Johannes: Das Wichtigste ist, sich klarzumachen, wieso man auf die Alm gehen möchte bzw. welche Arbeiten man verrichten will. Es kann schnell vorkommen, dass man je nach Alm bei allem anpacken muss, das jedoch vielleicht nicht jeder möchte. Da jede Alm unterschiedlich strukturiert ist, ist das Erstgespräch mit der Ansprechperson absolut wichtig. Einen Besuch im Voraus, um den Almvorsitzenden bzw. die Almbelegschaft persönlich kennenzulernen, wäre natürlich am optimalsten. Für mich war die Einrichtung der Käserei auschlaggebend, da ich viel Zeit darin verbringen würde. Die Konstellation des Alpteams spielt eine entscheidende Rolle, wie sich der Sommer entwickelt. Hier ist es oft Glücksache und auch eher schwieriger zum Einschätzen.

Johanna: Der persönliche Kontakt zu den Almleuten und der gegenseitige Austausch ist besonders wichtig. Ebenso das Festlegen der auszuführenden Arbeiten. Wo liegt die Alm? Gestaltet sich die Anreise schwierig? Wo liegt der nächste Ort und wie sieht meine Unterkunft aus? Ich habe bei meinem Praktikum die Erfahrung gemacht, dass ich mir die Arbeitsbereiche und Einteilung ein wenig anders vorgestellt habe. Deshalb appelliere ich an Almneulinge diese Punkte genauestens zu besprechen.

Ihr konntet beide mit landwirtschaftlichen Vorkenntnissen punkten. Jetzt suchen nicht wenige komplette Quereinsteiger eine Almstelle. Was würdet ihr diesen raten?
Johanna: Man darf die Arbeit auf der Alm nicht unterschätzen und sollte sich bereits im vorhinein Gedanken darüber machen, ob man dieser Aufgabe gewachsen ist. Das Arbeiten und Leben auf der Alm ist oft herausfordernd, sei es durch Wetterereignisse oder sonstige Zwischenfälle. Man muss sich die Frage stellen: Kann man auch in solchen Situationen die Arbeiten genau und präzise erledigen? Ein Praktikum auf der Alm soll man sich im Vorhinein gut überlegen, obwohl natürlich auch die Devise gilt: Man kann alles lernen!

Johannes: Es gibt auch die Möglichkeit, sich für eine kürzere Zeit und nicht für einen ganzen Almsommer zu bewerben. Somit könnte man erste Erfahrungen sammeln. Eine gute Idee ist sicherlich auch, sich mit anderen Älplern auszutauschen, um ein besseres Gespür dafür zu bekommen. Je nach zu verrichtender Arbeit und dem zusammengestellten Alpteam variiert jedoch der Einstieg.

Erzählt uns noch ein wenig von der Alm auf der ihr den Sommer verbracht habt. Was wird euch in Erinnerung bleiben?Johannes: Wir beide arbeiteten auf einer privat geführten Alm, die stark vom Tourismus profitierte. Der Almbeweidung und der Käseherstellung maß man eher eine untergeordnete Bedeutung zu. Es fand ein reger Austausch zwischen Besuchern und Angestellten statt, der mir persönlich wichtig war. Ich bekam somit viele Rückmeldungen zu den Produkten, wie z.B. den Gletschermutschlis (kleiner, halbharter Vollfettkäse), die ich herstellte. Ein Highlight dieser Alm war neben dem Käsen über offenem Feuer der Brunch, der an sechs Tagen die Woche angeboten wurde. Es gab dabei ein erstaunlich riesiges Angebot an Käsesorten aller Welt zu probieren. Viele Menschen suchen bewusst Almen aus, wo sie ihre Ruhe haben und sich etwas aus der hektischen Arbeitswelt ausklinken können, dies wäre hier jedoch nicht möglich gewesen.

Johanna: Wir verbrachten 14 Wochen auf der Alp Schaukäserei Morteratsch am Fuße des Bernina Pass. Diese Alp hatte einige besonders spezielle Highlights, die mich dazu bewegt hatten auf diese Alm zu gehen, zum Beispiel die Käseherstellung über offenem Feuer, ein eigener Bahnhof 50 Meter neben der Alp oder der Alpbrunch zu dem täglich hunderte von Gästen kamen. Daraus lässt sich schließen, dass diese Alp zum größten Teil vom Tourismus lebt. Mir bleibt auf jeden Fall die wunderschöne Umgebung und Natur in Erinnerung, die ich an meinen freien Tagen erkundete. Aber auch die Arbeit, bei der ich viel Neues sehen und lernen konnte und meine Arbeitskollegen, mit denen ich viele lustige Stunden verbracht habe, werden mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Seid ihr mit dem „Almvirus“ infiziert und möchtet ihr noch weitere Sommer auf einer Alm arbeiten?
Johannes: Ich war definitiv vom Almvirus infiziert, da dies bereits mein dritter Almsommer in Folge in der Schweiz war. Man freut sich bereits im Frühjahr darauf, wieder z’alp zu gehen. Es ist jedoch auch nicht immer einfach, Saisonarbeit über längere Zeit durchzuführen, für mich jedenfalls. Da ich gerade eine Milchtechnologen-Lehre in Schwaz- Rotholz angefangen habe, erübrigt sich für mich die Entscheidung. Trotzdem kann ich mir in ferner Zukunft gut vorstellen, noch einmal einen Sommer auf einer Alm zu verbringen.   

Johanna: Die Almen sind für mich schon seit meiner Kindheit ein Rückzugsort und ein Ort, an dem ich mich wohlfühle. Ich bin mir sicher, dass sich in Zukunft wieder einmal eine Chance ergibt und ich einen weiteren Sommer auf der Alm, vielleicht sogar auf meiner eigenen, verbringen kann.

Vielen Dank für die interessanten Einblicke in eure Alm-Erfahrungen und die wertvollen Tipps für die Alm-Stellensuche!

Bilder: Johanna Fürstauer-Reiter

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