Die Ferienzeit naht und der Wintertourismus hält Einzug ins Land. Die Almgebiete sind unter einer Schneedecke verborgen. Dabei wäre der Tourismus ohne die Beweidung, die unermüdlichen Almer:innen, und ohne Almwirtschaft nicht denkbar. Zeit um zurück und nach vorn zu blicken.
Denn der Tourismus ist historisch teilweise aus den urigen Beherbergungsformen auf den einstigen Bergbauernhöfen und dem Geschäftssinn so mancher Landwirte gewachsen. Außerdem wären viele Skiabfahrten ohne beweidete Flächen am Berg und dem grasenden Vieh im Sommer erst gar nicht möglich. Über die Bedeutung der Almwirtschaft für den Tourismus forscht Theresa Mitterer-Leitner am Management Center Innsbruck. In Zukunft könnten die Almen für den Tourismus eine noch größere Rolle spielen, sagt sie.
„Ohne Tourismus wären die Alpen leer“, betont die Südtiroler Bergsteigerlegende Reinhold Messner im Video mit unserem Almfuchs. Ohne Almen würde dem Alpentourismus allerdings ebenso viel abgehen. Messner plädiert daher für eine Stärkung der Almwirtschaft: „Ich bin der Meinung, dass unsere Almbauern zu wenig am Tourismus partizipieren.“
Die Nachfrage nach dem Almraum steigt auf touristischer und freizeitwirtschaftlicher Seite, aber die landwirtschaftliche Nutzung geht zurück, erklärt Mitterer-Leitner im Video-Interview mit unserem Almfuchs. Das habe weitreichende Folgen, nicht nur wirtschaftliche für Landwirtschaft, Tourismus und Sport, sondern auch ökologische für Biodiversität, Artenvielfalt und Schutz vor Naturgefahren.
Dabei ist eine intakte Almlandschaft und -bewirtschaftung „Grundlage für diesen alpinen Tourismus im Sommer und im Winter in Tirol“, betont die Tourismusforscherin. Das Video-Interview könnt ihr hier nachsehen.
Almen sind besondere Orte. Diese halboffenen, sehr diversen Landschaften mit Weiden, Wiesen und vielen verschiedenen Pflanzen und Tieren sowie Wegen, aber auch Wäldern und Berggebieten werden von Tourist:innen als „extrem attraktiv“ wahrgenommen, erklärt Mitterer-Leitner. Aus touristischer Sicht sind die Almen daher von großer Bedeutung, wie auch für die Artenvielfalt und den Kulturreichtum.
Die durch die Almen erhaltene Kulturlandschaft am Berg entspricht dem Idealbild des Gastes, verweist Theresa Mitterer-Leitner auf die Bedeutung beweideter Flächen. In den vergangenen Jahren ist die Almwirtschaft allerdings zurückgegangen, weniger Tiere werden hinaufgetrieben, mehr Almen aufgelassen. Dabei steigen die Nächtigungszahlen gerade im Sommer stark. Hauptreisemotive sind Natur und Landschaft. 87 Prozent der Tiroler Tourist:innen wandern.
Die Almlandschaft wird oft von Tourist:innen wie Einheimischen als selbstverständlich angesehen, gibt Mitterer-Leitner zu bedenken. Dabei stecken viel Arbeit und Aufopferung dahinter. Und die Almen werden zurzeit von mehreren Seiten (Wolf, Klimawandel, Arbeitskräftemangel, Hofaufgaben) bedroht. Dabei ist die Landschaft im alpinen Raum von der Almwirtschaft besonders geprägt. Das wisse heutzutage kaum noch jemand, meint die Tourismusforscherin.
In Zukunft gilt es viele Herausforderungen zu bewältigen, kennt Mitterer-Leitner die Sorgen der Almer:innen: steigende Zahlen durch Tourist:innen und Freizeitsportler:innen, Konflikte bei der Nutzung von Flächen und Wegen, Haftungsfragen bei Unfällen, wiederkehrende Wildtiere, Auflassung von Almen, Mangel an Personal. Von vielen Seiten (u.a. Landwirtschaft, Wissenschaft, Tourismus, heimische Politik) werden die Almen Österreichs aber auch als besonders schützenswert angesehen. Für den Salzburger Zoologen Jan Christian Habel von der Paris Lodron Universität ist die Almwirtschaft sogar eine „zukunftsweisende Bewirtschaftungsform“. Deren Bedeutung für den alpinen Raum könnte in Zukunft weiter zunehmen.
Welche anderen Fachgebiete österreichischer Universitäten zu den Almen forschen, könnt ihr hier lesen.