„Nein“. Darauf war ich nicht gefasst. Die Alm sei kein musikalischer Ort, sagt mir Bernhard Hanak. Nicht für ihn. Musik hat er genug im Tal. Hier oben auf der Himmelalm auf 820 Metern Seehöhe in den Türnitzer Alpen in Niederösterreich genießt er die Stille. Das Zirpen der Grillen, das Glockengeläut: Ok, das sei, wenn man so will, Musik in seinen Ohren auf der Alm, aber das Laute, das ihm sein Beruf Tag für Tag beschert, darauf kann er gerne verzichten.
So gesehen, kann ich das gut verstehen. Ich gebe Bernhard zwar zu bedenken, dass die Alm doch ein Ort sei, wo die Musen gerne küssen, wo jedenfalls viel Musik entstanden ist, ihre Wurzeln hat. Dass wir nicht nur das Jodeln der Alm verdanken, sondern große Werke großer Komponisten. Mag sein, meint dieser darauf lakonisch. Er bleibt dennoch dabei: für ihn, den Musiker, sei die Himmelalm kein musikalischer Ort.
Keine Beschallung auf der Himmelalm
Es gibt deshalb auch an Sonn- und Feiertagen, wenn Bernhard die Alm für Tagesgäste öffnet und gekonnt den Kochlöffel schwingt, keine Beschallung auf der Himmelalm – außer bis auf wenige Ausnahmen. So zum Beispiel an Mariä Himmelfahrt. Am Hohen Frauentag, am 15. August 2023, wird um 10:30 Uhr auf der Himmelalm die traditionelle Almmesse mit Kräuterweihe abgehalten. Hier dürfen einige Musikstücke freilich nicht fehlen. Weitere Veranstaltungen in all unseren Almgebieten findet ihr übrigens in unserem neuen Veranstaltungskalender.
Auf die Idee, seinen Kühen etwas vorzuspielen, ist Bernhard noch nie gekommen. Vielmehr strahlen diese Kühe und ihre Kälber „himmlische Ruhe“ für ihn aus. Die soll kein Zuviel an Geräusch stören. Dass Bernhard eine starke und schöne Beziehung zu seinen Almtieren aufgebaut hat, dass er sich in sie hineinfühlen will und kann, das vermeine ich wahrzunehmen. Er liebt seine Tiere, er liebt seine Alm.
Für diese Liebe wurde schon in Kärnten auf einer Alm der Grundstein gelegt, wo sie sich zum ersten Mal bemerkbar gemacht hat, wie mir Bernhard verrät. Sein Umzug ins niederösterreichische Lilienfeld hat ihm dann ganz zufällig die Option eröffnet, seine Sommer der Himmelalm und ihren Mutterkühen zu widmen. Aber erst nach eingehender Eignungs-Prüfung von Seiten der Genossenschaft, wie er mir schmunzelnd erzählt, wurde er schließlich mit dem Halter-Amt betraut.
Himmelbuch über die Himmelalm
Dieses übt er nun von 1. Mai bis 26. Oktober mit großem Einsatz aus und prägt es auf seine Art. Heuer ist es sein zehnter Almsommer. In dieser Zeit hat Bernhard sich in diversen Archiven in die Geschichte der Himmelalm vergraben und ein wunderschönes Buch mit zahlreichen Fotos verfasst. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Gebäude mit gemütlicher Stube und Tramdecke 1536. Leider ist das Himmelbuch vergriffen. Ich bin sehr glücklich, dass mir Bernhard ein Restexemplar mit Widmung als Erinnerung an meinen Besuch bei ihm am Himmel schenkt.
Ein charakterstarker Typ, der Bernhard, ein „typisch-untypischer“ Alm-Kopf, wie er auf unseren Almen eben anzutreffen ist. Es ist schon ein eigener Schlag Mensch, den es auf die Alm zieht, denke ich mir nicht zum ersten Mal. Die wollen geprägt werden von der Alm und prägen diese ihrerseits. Du findest einige dieser Alm-Typen portraitiert hier auf unserem Portal.
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